Austausch im Ökodorf zu Waldumbau und Klimaresilienz
Waldbesitzer:innen diskutieren über praktikable Maßnahmen
Das Ökosystem Wald ist im Zuge des Klimawandels wieder im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit angelangt. Wie kann der ökologische Waldumbau mehr Klimaresilienz bringen? 12 Menschen mit einem praktischen Interesse am Waldumbau sind am Samstag 20. April der Einladung zu Information und Austausch über konkrete Maßnahmen des Waldumbaus ins Ökodorf Sieben Linden gefolgt. Julian Heiler (Wald-und Holzwissenschaftler) und sein Kollege Carl Sondermann (Forstwirt) informierten auf einem Rundgang und initiierten Gespräche unter dem Motto „Baum weg – und jetzt?“. Hier kannst Du mehr zum Waldkonzept des Ökodorfes lesen.
Große Zäune oder Schützhüllen um Einzelbäume?
Zäune sind in Sieben Linden das wichtigste Element des Waldumbaus, denn Wildverbiss ist das vorrangige Problem der Jungbäume. Es werden auf einem Rundgang verschiedenste Bauweisen für Zäune vorgestellt – vom kleinräumigen Holzgatter über großflächig mit Drahtzaun geschützte Bereiche bis hin zum Schutz von einzelnen Jungbäumen. Kosten und Aufwand werden mit der Effektivität abgeglichen, denn jede:r Waldbesitzer:in muss auch ökonomisch denken.
Empfehlung von Sebastian Lippold Revierförster des Forstreviers Apenburg, der an der Veranstaltung teilnimmt: „Schützhüllen um einzelne Bäume, die man auch fertig kaufen kann, sind in vielen Fällen für Kleinstwaldbesitzer praktikabler und kostengünstiger als die Einzäunung ganzer Flächen.“
Experimente bringen neue Lösungen hervor und der Ökodorf-Wald ist auch ein Modellprojekt in dem Menschen lernen wollen. Ein Experiment des Ökodorf-Waldteams kann jedoch nur eingeschränkt weiterempfohlen werden: Schutzwälle aus Reisig und Ästen um kleine Inseln der Naturverjüngung haben sich in den ersten Jahren zwar bewährt, dann aber sacken diese Reisig-Ringe immer mehr ein und bilden kaum noch einen effektiven Schutz gegen Wildverbiss. Ein Nachlegen des Reisigs wäre allermeistens zu aufwändig.
Pflanzen oder Naturverjüngung?
Alle Beteiligten sind sich darin einig, dass die Gehölze in der trockenen Altmark mit den Sandböden sehr viel langsamer wachsen als in anderen Gegenden. Mit 10 Jahren Einzäunungsbedarf sollte man daher rechnen. Daher ist die Frage der Verjüngung besonders zentral. Naturverjüngung im Zaun ist eine sichere Wahl, denn von der Baumschule bis zur Pflanzung und Pflege kann man gerade als Laie so einiges falsch machen. Wenn man schon pflanzt, und dazu gibt es bei den Kleinwaldbesitzenden viel Zustimmung, dann am liebsten Wildlinge aus dem eigenen Wald, beispielsweise von Wegrändern. „Bezüglich der Baumartenwahl schlauer sein zu wollen als die Natur hat noch nie funktioniert“, so Carl Sondermann.
Klimaresilienz: Wahl der Baumarten
Julian Heiler plädiert für eine Vielfalt an Baumarten, um gegenüber den ungewissen Auswirkungen des Klimawandels besser aufgestellt zu sein: „Wenn wir statt einer Baumart zehn haben, erhöhen wir die Biodiversität und die Flexibilität und sind damit für die Zukunft besser gerüstet.“ Diese Annahme, dass das Ökosystem Wald Biodiversität braucht, ist eine Grundlage des Waldkonzeptes für die 75 Hektar des Ökodorf-Waldes. Sebastian Lippold bestätigt: „Eine Baumart, ganz egal ob heimisch oder fremdländisch, als den Gral des Waldes zu sehen, ist längst Geschichte.“
Ist Kahlschlag sinnvoll vor der Neubepflanzung?
„Bei Kahlschlägen haben wir festgestellt, dass der nackte Waldboden quasi auf Null zurückgesetzt wird, er verliert einen Großteil seiner Fruchtbarkeit,“ so Julian Heiler. Er vertritt die Ansicht, dass die Altbäume das Waldklima und die Lichtverhältnisse solange prägen sollten, bis der Unterwuchs eine entsprechende Größe erreicht hat. Holzernte und Störereignisse gehören zum Wirtschaftswald dazu und können auch kleinflächig für Verjüngung genutzt werden: Einfache Zäune können um wenige Quadratmeter gezogen werden. „Im Rahmen einer Geburtstagsfeier mit seinen Gästen einen kleinen Zaun zu bauen und den Nachmittag gemeinsam im Wald zu verbringen ist in Sinnhaftigkeit kaum zu überbieten.“ sagt Thomas Aillerie, Waldenthusiast aus Sieben Linden, mit einem Augenzwinkern.
Erfahrungsaustausch ist immer gut
Das Fazit des Vormittages ist positiv, so Sebastian Lippold: „Ich kenne dieses Waldgebiet schon seit 1987 und in den letzten 20 Jahren hat es sich deutlich verändert. Es ist viel passiert, ein Waldteam hat Vielfalt entstehen lassen. Hier laufen ja auch viele Versuche und ich bin nicht mit allen konform – aber genau für diese fachlichen Diskussionen ist dieses Treffen ja da. Erfahrungsaustausch ist immer gut!“
Simone Britsch