Hallo Deutschland. Wir sind drüber! Ökologischer Überlastungstag am 4. Mai
Achtung, Achtung, liebe Deutsche: Ab heute ist Schluss mit Essen, Heizen, Auto- oder
Bahnfahren. Klamotten oder ein neues Handy kaufen? – erst im nächsten Jahr wieder! Heute ist Ökologischer Überlastungstag. Ab Januar 2024 stellt die Natur wieder neue Ressourcen zur Verfügung. Ab dann sind die deutschen CO2-Emissionen aus den ersten 5 Monaten des Jahres 2023 resorbiert.
Planetare Grenzen. Also … bis dahin gaaaanz flach atmen und alle Körperfunktionen runterfahren bitte,
Winterschlaf heißt das bei den Igeln.
Winterschlaf funktioniert bei dir nicht?
Ja, das wissen wir auch. Und „einigeln“ hilft angesichts der Problemstellung auch nicht. Das Rechenexperiment „Überlastungstag“ dient der Illustration, in welchem Maße wir in Deutschland über unsere Verhältnisse leben. Wenn alle Länder wie Deutschland wirtschaften würden, wären 3 Erden nötig!
Wir sind diejenigen, die die planetaren Grenzen überstrapazieren, die Erderwärmung
ankurbeln und die fossilen Rohstoffe verheizen. Und wir sind nicht besser geworden
gegenüber 2022 – auch da war der 4. Mai das markante Datum. Ab dem 5. Mai leben wir
in Deutschland auf Pump, wir machen Schulden bei der Natur und bei unseren Kindern
und Enkeln. Katar beispielsweise ist bereits seit dem 10. Februar ökologisch verschuldet.
Das ist nicht gerecht! Wann wird die Umweltpolitik national und international angemessen
auf diese einfache Berechnung (die auf dem ökologischen Fußabdruck basiert) reagieren?
Weltüberlastungstag – die Spannbreite ist enorm
Andere waren schon immer sparsamer – auch dieses Jahr beispielsweise wieder Jamaika. Ihr Ökologischer Überlastungstag ist erst am Ende des Jahres. Die Jamaikaner*innen können ihren Lebensstil im Rahmen der planetaren Grenzen noch bis zum 20. Dezember fortsetzen. Sie leben also fast nachhaltig. Wir wollen hier allerdings nicht die Armut manifestieren, die partiell hinter diesem ressourcenschonenden Lebensstil
steht. Auch das wäre nicht gerecht!
Die Weltbevölkerung im Durchschnitt wird voraussichtlich am 27. Juli den
Weltüberlastungstag erreichen. Von da an verbrauchen die Menschheit insgesamt mehr
natürliche Ressourcen, als bis Ende des Jahres regeneriert werden können. Die reichsten
10 Prozent der Menschheit sind für rund 47 Prozent aller Kohlenstoffdioxid-Emissionen
verantwortlich! Im Letzten Jahr (2022) war der globale Erdüberlastungstag am 28. Juli und
es hätte rund 1,75 Planeten gebraucht, um den Ressourcenverbrauch in nachhaltiger
Weise zu gewährleisten.
Kleiner ökologischer Fußabdruck? – auch das Ökodorf Sieben Linden ist drüber
Ökologischer Überlastungstag von Sieben Linden? Den erreicht das Dorf erst am 1. November – wenn man die „öffentlichen Grundlasten“ wie Straßen, Schulen, Militär und Krankenhäuser nicht mitrechnet. Gerade beim Militär und hinsichtlich der aktuell geplanten Autobahnausbauten würden wir in
Sieben Linden sehr gern kräftig beim Reduzieren helfen. Doch auch wir sind beim privaten
Lebensstil leicht drüber und fragen uns, wo Einsparpotentiale liegen, denn Kleinvieh macht
auch Mist: Ein kompletter Verzicht auf tierische Produkte (die wir bereits stark reduziert
haben) könnte die Bilanz verbessern. Ein besserer öffentlicher Nahverkehr auf dem Lande
würde uns unterstützen, das Auto immer öfter stehen zu lassen. Und sicher sollten wir, obwohl wir selten fliegen, so manche Urlaubsreisen nochmals auf den Prüfstand stellen. Unser Agroforst wächst
immerhin heran und bindet perspektivisch immer mehr CO2 aus der Luft.
Superreiche und Konzerne: Großvieh macht mehr Mist
Schon gewusst? Elon Musk (Tesla), Wolfgang Porsche (VW) und wie sie alle heißen – das
reichste 1 Prozent der Weltbevölkerung schädigt durch einen Lebensstil mit Yachten,
Luxus-Villen, Privatjets und überbordendem Konsum das Klima doppelt so stark wie die
gesamte ärmere Hälfte der Menschheit zusammen! Dieser Trend verschärft sich
ungebremst, denn immer mehr Besitz und Kapital akkumuliert sich zunehmend bei dieser
Minderheit. Wir bauen seit 1997 das große Ökodorf mit dem kleinen ökologischen
Fußabdruck auf und meinen: Jede und jeder sollte den eigenen ökologischen Fußabdruck
so gering wie möglich halten – so wie es paradoxerweise auch der Mineralölkonzern BP
seit 1997 in Werbekampagnen vermittelt. Vielleicht auch, um von einigen Tatsachen
abzulenken? BP allein ist für 1,5 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich – und auch daran muss sich ganz dringend etwas ändern.
Klimagerechtigkeit heißt auch: Wir können uns den Lebensstil der Reichen nicht mehr leisten. Dafür
gehen etliche von uns aus Sieben Linden in vielseitigen Protestformen auf die Straße.
Quellen:
https://siebenlinden.org/de/oekolgischer-fussabdruck/
https://greenwire.greenpeace.de/themengruppe-konsumwende/inhalt/earth-overshoot-2023
https://de.statista.com/infografik/26885/anteil-der-einkommensschichten-an-den-globalen-co2-emissionen/
https://www.manager-magazin.de/politik/weltwirtschaft/oxfam-studie-desastroese-oekobilanz-der-superreichen-reichstes-1-prozent-verursacht-16-prozent-der-welt-emissionen-a-d8d9afb0-ceb3-4bef-b640-7cf7cce70164
https://www.deutschlandfunk.de/klimabilanz-reiche-rechtfertigungen-100.html
https://taz.de/Oekologischer-Fussabdruck-und-Klimakrise/!5892875/
Von Christoph Strünke und Simone Britsch