Neue Erfahrungen: Workshop für Demokratiestärkung

Am 9. Mai nahmen 19 Interessierte im Ökodorf Sieben Linden am Workshop zur Demokratiestärkung mit Betül Çınar teil. Simone Britsch, Organisatorin des Vereines „Freundeskreis Ökodorf e.V. aus Sieben Linden: „Wir wollen als Bildungseinrichtung Möglichkeiten für Austausch und auch für Selbstreflexion schaffen, denn unsere Demokratie ist in einer kritischen Phase. Manchmal habe ich fast das Gefühl, wir müssen die Demokratie nicht retten, sondern neu erfinden.“

Demokratie-Stärkung beginnt auch mit Sprache

Auch die Referentin Betül Çınar versteht ihre Arbeit als Beitrag zur Demokratie: „Rassismus und Diskriminierung sind keine Randerscheinungen, sondern tief in den Strukturen unserer Gesellschaft verankert. Sie wirken in Sprache, Bildern, Institutionen und im Alltag und beeinträchtigen das gleichberechtigte Zusammenleben. Antirassistische und diskriminierungskritische Arbeit ist deshalb eine Grundvoraussetzung für eine gerechte, würdevoll demokratische und solidarische Gesellschaft.“

Migrationshintergrund – ein scheinbar neutraler Begriff wird zum Diskussionsgegenstand

Die Teilnehmenden kommen aus verschiedensten beruflichen und kulturellen Kontexten, beispielsweise Lehrer:innen und Sozialarbeiter:innen. Und einige haben einen internationalen Hintergrund in ihrer eigenen Biografie. Sie sind zwischen 17 und 65 Jahre alt und führen in den Diskussionsphasen offensichtlich sehr angeregte Debatten. Unter anderem geht es darum, scheinbar selbstverständliche Begriffe in Frage zu stellen. Wie können wir so sprechen, dass möglichst alle sich positiv angesprochen fühlen und niemand verletzt oder ausgegrenzt wird? Eine Teilnehmerin ist zunächst überrascht. „In der Hochschule habe ich vor etwa 20 Jahren gelernt, dass der Begriff Ausländer durch die Bezeichnung Menschen mit Migrationshintergrund besser ausgedrückt werden kann. Jetzt erfahre ich im Workshop, dass auch dies aus heutiger Sicht zu pauschal für all die Hintergründe, die Menschen haben können ist.“

Heute wird der Begriff „mit Migrationshintergrund“ oft als stigmatisierend empfunden, weil damit mittlerweile vor allem (muslimische) „Problemgruppen“ assoziiert werden. Genauer kann man sich ausdrücken, wenn man die Betroffenen selbst zu ihrem Hintergrund befragt. Einige Beispiele: Menschen aus eingewanderten Familien, Menschen mit Fluchterfahrung, eingebürgerte Deutsche, in Deutschland geborene Kinder mit deutschem Pass, Spätaussiedler*innen und ihre Nachkommen usw. .

Ermutigende Abschlussworte

Nach über drei Stunden intensiver inhaltlicher Arbeit zeigt die Abschlussrunde, dass in jeder und jedem einzelnen neue Erkenntnisse aufsteigen. Teilweise sind die Gedanken noch nicht abgerundet, sondern eher angestoßen. Man betont an diesem Nachmittag auch immer wieder, dass die Entwicklung von einem neuen Miteinander ein Prozess ist, der gerade erst angefangen hat. „Ein gerechteres, solidarisches System ist möglich, wenn wir bereit sind, aus der Vergangenheit (selbst-)kritisch zu lernen und mutig neue Wege zu gehen. Was wir brauchen, ist Aufklärung und mehrdimensionale Teilhabe. Nur so finden wir neue Wege für gesellschaftliche Lösungen, die verbinden statt spalten. Dabei kommt es auf jede*n einzelnen an.“ – so schickt die Referentin die Teilnehmenden mit ermutigenden Worten nach Hause.

Autorin: Simone Britsch. Bildrechte: Freundeskreis Ökodorf e.V.

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