4 Menschen stehen auf einer Bühne und halten ein jeweils ein Schild in der Hand

Tanz‘ deine Revolution!

Mein Körper ist für mich nicht nur ein biologisches Wesen, sondern auch Botschafterin. Als Tanzpädagogin gebe ich Körper-Bewusst-Sein und Freude an Bewegung seit vielen weiter. Aber ich möchte nicht nur unterhalten, sondern auch berühren. In einer Welt, die oft von Konflikten und Ungerechtigkeiten geprägt ist, bietet Tanz eine kraftvolle Möglichkeit, sich Gehör zu verschaffen und Veränderungen anzustoßen: Nonverbal und sogar universell verständlich – eine friedliche Revolution. 

Mein Körper, mein Instrument

Seit ich vier Jahre alt bin, tanze ich. Begonnen habe ich ganz klassisch mit Kinderballett, später kamen andere Tanzrichtungen hinzu wie Jazz und Modern Dance. Tanz war also von Klein auf, Teil meines Lebens und Alltags. Mit 21 begann ich eine professionelle Tanzpädagogikausbildung und fokussierte mich aufs Unterrichten und die Weitergabe von Tanztechniken und Bewegungsfreude.

Resilienz durch Tanz 

Mein Körper bot mir also immer alle Werkzeuge, die ich brauchte und ich stellte während der Tanzpädagogikausbildung fest, dass ich dieses für mich machtvolle Werkzeug jederzeit, kostenfrei und vor allem unabhängig von Außen nutzen und abrufen kann. Ja, sogar immer wieder neu aus mir selbst kreieren kann. Mein Körper bietet mir also meine ganz eigene Wertschöpfungskette – wow! Tanz und die damit verbundenen Gefühle schenke mir selbst und durch das Unterrichten auch Anderen. Mit Tanz habe ich also ein eigenes, nachhaltiges Resilienzprogramm gefunden, das mir zusätzlich noch körperliche Fitness bietet. Sehr interessant zu beobachten ist, dass ich entlang meiner inneren Entwicklung auch Tanzformen gewählt habe (und noch immer wähle), die zu meinem inneren Entwicklungsstand zu passen scheinen. Zu Beginn meiner Bewegungsreise galt es jedoch erst einmal, mich überhaupt in meinem Körper zurecht zu finden, diesen zu spüren, mich zu spüren. Es faszinierte mich stets, warum Menschen tanzen, was sie antreibt und warum sie dieses Mittel wählen, um etwas in der Welt zu verändern.

Tanz als stiller Protest und Revolution

Mit jungen Jahren war es mir vor allem wichtig, Ästhetik und Spaß an meine Schüler:innen zu vermitteln. Doch seit einigen Jahren reicht mir dies nicht mehr. Ich möchte mit meiner Arbeit, politische, soziale und emotionale Themen sichtbarer und tangibler für das Außen machen. Über die reine Schönheit hinaus kann Tanz als kraftvolles Werkzeug genutzt werden, um genau diese Themen zu transportieren. 

Tanzt erhebt die Stimme, wenn Worte nicht ausreichen. Unser Körper wird zur friedlichen Botschafterin, die durch Bewegung und Emotionen Brücken baut. Tanz war schon immer ein Medium, das sich mit der Weltpolitik auseinandersetzt. In vielen zeitgenössischen Tanzstücken werden aktuelle gesellschaftliche Probleme wie Rassismus, Geschlechterungleichheit etc. thematisiert. Durch körperliche Ausdrucksformen und Bewegungen können Künstler:innen komplexe soziale Dynamiken sichtbar machen und den Zuschauer:innen ein Gefühl für die Dringlichkeit solcher Themen vermitteln.

Es gibt wunderbare Tanzkolleg:innen der heutigen Zeit, die genau diese Arbeit bereits wirkungsvoll tun. Besonders erwähnen möchte ich Saed Mansour (https://www.saedmansour.com/dtp), einen palästinensischen Choreografen, der mit seinem Format „Dancing the Political“ genau diese Bewusstseinsarbeit macht, die die Welt gerade (meiner Meinung nach) dringend braucht.

Ist Tanz wirklich politisch?

Ja. Auf jeden Fall. Sogar revolutionär!

Schon immer wurde getanzt. Gleichzeitig wurden Tanzrichtungen, die für die jeweilige Zeit unpassend, aufwieglerisch, obszön, dekadent wirkten, verboten oder verstießen/verstoßen gegen sog. Moral- und Sittengesetze. 

Ob es das Schuhplattlern im 17. Jahrhundert war, das Maximilian I. von Bayern verbot oder ob wir in Länder wie den Iran schauen, wo Tanzen gegen Sittlichkeitsgesetze verstoßen kann.

Tanzen ist also gefährlich? https://www.wienerzeitung.at/a/tanzen-verboten

Trotz Verboten: Die Menschen tanzen trotzdem. Immer.

Tanz kann als stiller und doch wirkungsvoller Protest verstanden werden. Und er wirkt. Über Sprachbarrieren, Hautfarben, Religionen, Ländergrenzen hinweg. Und: er ist friedlich. 

Und so positiv dieses Medium eingesetzt werden kann, so gibt es doch auch eine Schattenseite.

Tanz wurde auch in jeder Zeit für politische Ideologien instrumentalisiert, zB durch die Nationalsozialisten Anfang der 30er.

Inspiration durch Vorbilder: Pina Bausch und die Kraft des Tanztheaters 

Umso bemerkenswerter finde ich, dass Tanzpädagogen wie Kurt Jooss (https://de.wikipedia.org/wiki/Kurt_Jooss) ein Antikriegsballett 1932 uraufführte.

Auch seine Schülerin, die weltbekannte Pina Bausch (https://de.wikipedia.org/wiki/Pina_Bausch), fand sich auf der emotionalen Tanz-Spur wieder und kreierte ein völlig neuartiges Tanzen.

„Der Tanzexperte und Pina-Bausch-Biograph Jochen Schmidt hob diese Dimension in seinem Nachruf hervor: „Schon am Ende der siebziger Jahre stand der Name Pina Bausch für ein Theater der befreiten Körper und des befreiten Geistes, für ein Tanztheater der Humanität, das auf der Suche war nach Liebe, Zärtlichkeit und Vertrauen zwischen den Partnern – und nach einer tänzerischen Sprache, die in der Lage sein würde, jene Kommunikation zwischen den Menschen zu ermöglichen, zu denen die bekannten Sprachen nicht mehr fähig waren.“ (Quelle Wikipedia:https://de.wikipedia.org/wiki/Pina_Bausch

Tanz als Ausdrucksform: Mein Körper erzählt Geschichten

Mich faszinieren diese Ansätze sehr und ich möchte die Dimensionen der politischen Tanzvermittlung für mich ausloten. Das bedeutet konkret:

Mich mehr vernetzen, in Kontakt mit Menschen sein, die so eine Arbeit tun. Und ich möchte noch mutiger werden, Tanz so zu nutzen. 

… Du ja vielleicht auch? 

Werde aktiv: One Billion Rising am 14.2.

Mach mit bei einer OBR-Veranstaltung in deiner Stadt!

„One Billion Rising (OBR) ist eine weltweite Kampagne für ein Ende der Gewalt gegen Frauen* und Mädchen* und für Gleichstellung. Sie wurde im September 2012 von der New Yorker Künstlerin und Feministin Eve Ensler initiiert. Die „eine Milliarde“ weist auf eine UN-Statistik hin, nach der eine von drei Frauen* in ihrem Leben entweder vergewaltigt oder Opfer einer schweren Körperverletzung werden“ (Wikipedia). 

https://www.onebillionrising.de

P.S. Interessant ist auch, wie Tanz in den Wahlprogrammen der Parteien verortet ist – oder eben nicht: https://www.dachverband-tanz.de/arbeitsfelder/kulturpolitischer-dialog

Sophie Willert

Sophie ist ausgebildete Tanzpädaogin und lebt seit 2006 in Sieben Linden. 

Sie hat eine mobile Tanzschule „Tanz macht schön“

Und sie ist in unserem Podcast Folge 95 zu hören

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