
Mit Bewegungshunger in die sozial-ökologische Transformation
„Natural Movement“ verfolgt die Idee, wieder in die Natürlichkeit der Bewegung hineinzufinden, den körpereigenen Bewegungshunger zu stillen und eine sozial-ökologische Transformation zu erreichen – mit vielseitigen, variablen Anregungen. Natürlich im Alltag bewegen ist eine Alternative zu Fitnessstudio, Yoga-Klasse oder Sportverein. Jonas Lehmann, unser Forstwirt und Bewegungsenthusiast teilt seine Gedanken und Erfahrungen zu Körperlichkeit, Natural Movement, Suffizienz und sozial-ökologischer Transformation in der neuen Podcast-Folge – sowie in diesem Artikel.
Die Isolierung der Bewegung
In unserer modernen Gesellschaft hat sich Bewegung zunehmend spezialisiert. Wir gehen ins Fitnessstudio, besuchen Yogakurse oder treffen uns zum Joggen im Park. Diese Aktivitäten finden oft an eigens dafür geschaffenen Orten statt, losgelöst von unserem restlichen Leben. Wir sind eingebettet in eine Gesellschaft, in der auch genau das als normal gilt und durchweg geprägt ist von kognitiv dominierten Aufgaben. An der Bushaltestelle oder an der Supermarktkasse zu tanzen oder komplizierte Yogahaltungen einzunehmen passt da schwer ins Bild. Doch was bedeutet das für unseren Körper und unsere Beziehung zu diesem?
Eine ganze Menge; denn unser Organismus ist geformt durch jeden Moment und alle Einflüsse, die im Laufe eines Tages auf ihn wirken. So kann die Stunde am Tag, welche wir uns für Yoga oder Fitnesstraining explizit Zeit nehmen, eine Menge bewirken. Vergessen wir jedoch nicht, dass auch die restlichen 23 Stunden eine Wirkung entfalten.
Die vergessene Integration
Früher war Bewegung ein natürlicher Teil des Alltags. Von den steinzeitlichen Jägern und Sammlern, die im Schnitt 1600 vielfältigste Kilometer jährlich zurücklegten bis zu den frühmodernen Bauern, die mit körperlicher Arbeit ihr Tagewerk füllten, war Bewegung ein selbstverständlicher Teil des menschlichen Daseins.
Diese integrative Beziehung zu unserem Körper geht zunehmend verloren. Nicht zuletzt, weil Bewegung immer weniger nötig ist. Technische Innovationen sowie moderne Selbstverständlichkeiten von Autos bis Rolltreppen machen Bewegung immer weniger notwendig.
Machen wir uns ebenfalls wieder bewusst, dass mit jedem Atemzug, jedem einzelnen Herzschlag Bewegung und Leben stattfindet.
Ein Impuls für die sozial–ökologische Transformation
Genau hier, in der Integration von Körperlichkeit in unser Leben, liegt ein bedeutender Faktor für eine gelungene sozial-ökologische Transformation. Indem wir Bewegung und “Körperpflege” wieder in unseren Alltag einflechten, können wir nicht nur unsere Gesundheit fördern, sondern auch auf vielen weiteren Ebenen einiges bewirken und gleichzeitig eine Kultur bestärken, in der genau das gelebt wird.
Wie könnte das aussehen?
Viele Menschen üben sitzende Tätigkeiten aus und ein kleiner Impuls könnte sein, verschiedene Sitzpositionen auszuprobieren (Schneidersitz, tiefe Hocke, Schienbeinsitz und einige mehr).
Wie wäre es mal auf dem Boden oder im Stehen zu arbeiten? Sich anzugewöhnen regelmäßig kurze Bewegungspausen einzunehmen?
Weitere Möglichkeiten, die nicht neu, aber dennoch nicht weniger wichtig sind:
- Aktive Mobilität: Kurze Strecken zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegen, statt das Auto zu nutzen.
- Gartenarbeit: Gemüse anbauen und dabei den Körper bewegen und die Verbindung zur Natur stärken.
- Treppensteigen: Statt den Aufzug zu nehmen, die Treppe benutzen und so stets die bewegte Variante wählen.
- Aktive Pausen: Kurze Dehnübungen oder Spaziergänge in den Arbeitsalltag integrieren. Kleine „Bewegungssnacks“ einnehmen.
- Hausarbeit als Bewegungspraxis: Putzen, Staubsaugen oder Fenster reinigen als Gelegenheit für Bewegung nutzen, indem wir bewusst mehr Varianz einladen (z.B. auf einem Bein, mit der „schwachen“ Hand arbeiten oder sogar dazu tanzen?)
Das sind nur ein paar, vielleicht sogar offensichtliche Beispiele, wie das aussehen kann. So wie wir alle einen eigenen Körper haben, sind auch diese Schritte zu mehr Bewegung im Leben ganz individuell.
Die Vorteile einer integrativen Körperbeziehung
Gesundheit: Regelmäßige, in den Alltag integrierte Bewegung fördert die körperliche und geistige Gesundheit.
Umweltschutz: Weniger motorisierter Verkehr und mehr Muskelkraft schonen die Umwelt.
Soziale Verbindungen: Gemeinsame Aktivitäten und Bewegung im Alltag fördern den sozialen Zusammenhalt.
Ressourceneffizienz: Rückbesinnung auf etwas so Grundlegendes wie unseren Körper geht mit Suffizienz einher.
Suffizienz ist vielleicht das wichtigste Nachhaltigkeitsprinzip des 21. Jahrhunderts und fragt: „Wie viel braucht es wirklich?‘ und versucht dadurch ein gutes Leben mit nachhaltiger Ressourcennutzung in Einklang zu bringen. Wie lässt sich diese Frage beantworten? Unser Körper kann uns ehrliche Resonanz auf unsere wahren Bedürfnisse geben. Bereits der griechische Philosoph Epiktet riet schon damals: „Der Körper diene jedem als Maß für den Besitz wie der Fuß für den Schuh.“
Das Schöne daran ist, dass die Besinnung auf wahre Bedürfnisse weder Verlust noch Mangel bedeutet, sondern vielmehr Gewinn und friedliche Fülle.
Ich lade dich ein, dich dieses Jahr mit deinem Körper zu beschäftigen und dadurch individuell und kollektiv einiges in Bewegung zu bringen. Zum Beispiel bei einem der vielen Bewegungsseminare hier im Ökodorf Sieben Linden. Ich selbst unterrichte den Ansatz „Natural Movement“.
Beim Lesen zu lange gesessen? HIER ein 5-Minuten-Bewegungs-Snack (Videoanleitung) unter meiner Anleitung.
21.-23.02.2025 – Bewegungsweise: Aus alten Mustern in neue Möglichkeiten mit Natural Movement!
04.-09.05.2025 – Waldmitarbeitswoche u.a. mit Jonas Lehmann
Jonas Lehmann
Jonas Lehmann auf Instagram – auch mit einem Yoga-Movement- Retreat im Schwarzwald