Irma, Jnana und Carl gehen zum Friedensmarch nach Gaza

Global March To Gaza – Mit drei Aktivist:innen aus dem Ökodorf

Tausende Menschen aus über 50 Ländern beteiligten sich an dem internationalen Friedensmarsch, der durch die ägyptische Sinai-Wüste an die Grenze Gazas führen sollte. Darunter drei unserer Mitbewohner:innen. Zusammen bilden sie drei Generationen ab, die sich so für ein Ende des Tötens in Gaza stark machen. Folge uns auf unserer Tour nach Kairo und zurück … 

Was ist der Global March to Gaza? 

Der zivilgesellschaftlich organisierte Global Marsch to Gaza (GMTG), hat sich zum Ziel gesetzt auf die unmenschliche Situation der Palästinenser:innen im Gaza-Streifen aufmerksam zu machen.
Er forderte ein Ende der systematischen Ermordung der Palästinenser:innen und ein Ende der Blockade von lebenswichtigen Hilfslieferungen. Darüber hinaus fordert die Bewegung rechtliche Konsequenzen für die begangenen Kriegsverbrechen in Gaza. Dabei wird vor allem auch an die europäischen Regierungen appelliert. Eine Unterstützung der völkerrechtswidrigen Kriegsführung des israelischen Militär durch europäische Regierungen müsse aufhören. 
Mit dem friedlichen Marsch durch die Wüste mit Menschen aus aller Welt sollte eins klar werden: Wenn die Regierenden nicht handeln, dann wird die Zivilbevölkerung einschreiten. Friedlich und entschlossen.

Drei Friedensaktivisti (80, 48, 25 Jahre) aus Sieben Linden schließen sich an

Unsere älteste Irma machte den Anfang, indem sie verkündete sich dem Friedensmarsch anzuschließen. Mit 80 Jahren ist  es für sie weiterhin selbstverständlich, sich für die Unterdrückten Völker dieser Erde einzusetzen. HIER ein berührendes Video von ihr. Daraufhin haben auch Jñana (48) und ich, Carl (25), entschieden, nach Ägypten zu reisen, um uns der internationalen Aktion anzuschließen. Somit waren wir zu dritt. Und nicht nur das: Gemeinsam bildeten wir drei Generationen ab. Drei Generationen, die sich aufmachen, um für den Frieden zu marschieren. Getragen und unterstützt aus unserer Gemeinschaft Sieben Linden. Mit Gebeten, Wünschen, Spenden und Liedern umwoben. HIER unser redaktioneller Bericht vom 13. Juni 2025.

Böse Überraschung: Repressive Maßnahmen der ägyptischen Regierung

So machten wir uns auf und flogen am 10. Juni in die Hauptstadt Ägyptens nach Kairo. Mit uns landeten dort in den kommenden Tagen tausende Delegierte aus aller Welt, um sich dem Marsch anzuschließen. Doch in Kairo angekommen gestaltete sich unsere Situation als äußerst schwierig. Die ägyptische Regierung versuchte, unter dem Druck der israelischen Regierung stehend, vom ersten Tag an, diesen international aufsehenerregenden Protest zu unterbinden. Menschen des GMTG wurden bereits bei der Einreise am Flughafen festgenommen und abgeschoben. Viele unserer Mitstreiter:innen wurden aus ihren Hotels geholtund auch auf dem Weg zu unserem ersten Treffpunkt festgesetzt, kontrolliert und teils gewaltvoll an unserem friedlichen Vorhaben gehindert. Uns ist zum Glück nichts passiert.
Diese Positionierung der ägyptischen Regierung war in wochenlangen vorherigen Verhandlungen, die Berichten zu Folge meist kooperativ verliefen, nicht abzusehen.
So waren wir in Kairo festgesetzt, haben weitere Verhandlungen aufgenommen und uns schlussendlich eingestehen müssen: Der Marsch, wie wir ihn uns erträumt haben, wird unter diesen Bedingungen nicht stattfinden können. Der Traum von tausenden, marschierenden Zivilist:innen aus aller Welt, entschlossen für Frieden und Menschlichkeit in Gaza einstehend, bleibt vorerst eine Vision.

„All das fand statt und hat eine Wirkung“

Doch der Aufbruch von Menschen aus über 50 Nationen, die globale Vernetzung, die zahlreichen Engagierten, die sich in Kairo getroffen, Spenden gesammelt, ihre Zeit investiert haben, diese Energie der Menschen für Gerechtigkeit einzustehen, einfach loszugehen, ohne zu Wissen, ob es klappt. All das hat stattgefunden. All das ist passiert und hat eine Wirkung. 
Uns haben Nachrichten von Betroffenen aus Gaza erreicht, die uns dankten für unsere Präsenz und Solidarität. Weltweit wurde in den Medien über die etwas 4.000 Aktivisti in Kairo und ihre friedliche Intention berichtet. Die Bereitschaft dieser Menschen ihren Alltag hinter sich zu lassen, Pläne zu verwerfen und so viel zu riskieren, war ein Beweis dafür, was Menschen weltweit für die Sache der Palästinenser:innen empfinden.

Der globale Marsch ist nicht vorbei

Viele Menschen sind von Kairo aus weiter gereist, um sich anderen palästinasolidarischen Protesten anzuschließen. Es werden neue Pläne geschmiedet, die Bewegung weltweit hat sich stark vernetzen können und neue Gruppen gebildet. Am Samstag den 21. Juni, kam es in Berlin zu einer massenhaften Mobilisierung gegen den Genozid in Gaza, an der auch wir uns beteiligt haben. Auch wir aus Sieben Linden waren mit 5 Personen dort und trafen unter den 15.000 Demonstrierenden auch Teilnehmer:innen des GMTG in den Straßen rund um den Bundestag wieder.
Nun sind wir Drei wieder in unserem sicheren Zuhause. Doch die Gewalt in Gaza geht weiter. 

Und wir? Was können wir tun?

Die Frage, die mich am meisten bewegt in Bezug auf das Thema Palästina und Israel: Wie können wir als Deutsche eine Haltung zu dem Konflikt entwickeln, die nicht nur durch Schuld unserer deutschen Geschichte und Angst aufgeladen ist? Wie können wir menschlich und wach bleiben indem, wie wir uns positionieren? 
Wenn wir unsere Menschlichkeit bewahren wollen, dürfen wir uns nicht mitschuldig machen an einem Völkermord. Doch noch immer töten deutsche Waffen in Gaza, noch immer unterstützt die deutsche Regierung den israelischen Regierungschef Netanjahu, gegen den ein Haftbefehl durch den internationalen Strafgerichtshof wegen Kriegsverbrechen vorliegt. Warum?

Keine einfachen Lösungen – doch wir dürfen bei einem Genozid nicht wegschauen

Ich habe keine einfache Lösung für diesen Konflikt. Es braucht eine Lösung sowohl für die Jüd:innen in Israel, als auch für die Menschen in Palästina. Ich weiß nicht genau, wie der Weg zu einem nachhaltigen Frieden zwischen Palästina und Israel aussehen kann.
Doch in einem möchte ich mir immer sicher sein: Wenn ganze Bevölkerungen vernichtet und ausgehungert werden , dann beziehe ich Stellung. Egal, um welches Volk es sich handelt, egal an welchem Ort dieser Welt.

„Nie wieder!“ muss für alle gelten

„Nie Wieder!“ Mit diesem Versprechen an sich selbst und die Gesellschaft sind meine Eltern und Großeltern aufgewachsen. In Gaza werden Zivilist:innen systematisch vertrieben, ausgehungert und ermordet. Die Situation in Gaza wäre nicht so, wie sie ist, wenn es den Holocaust und in Folge die Nakba nicht gegeben hätte. Ohne deutsche Waffen und diplomatische Rückendeckung aus Deutschland hätte Israel weniger Kraft. Dieser Konflikt betrifft uns Deutsche in besonderem Maße und ich sehe es als unsere Pflicht, genau hinzusehen, uns zu informieren und uns positionieren. Natürlich auch gegen Antisemitismus in Deutschland, denn die von der deutschen Politik häufig kommunizierte Verwechslung von Zionismus und Judentum schadet der Bewegung. 
Ein wichtiger Schritt auf der Bühne der Weltpolitik wäre die Anerkennung des Staates Palästina durch Deutschland bei der UN. 

Möge der Ruf nach Frieden weltweit unüberhörbar werden. 

Ich bin tief bewegt von den Erlebnissen in Ägypten und dem, was ich in den letzten Wochen zu dem Israel-Palästina-Konflikt lernen durfte. Das Thema wird mich auf meinem weiteren Weg begleiten.
Mögen die Stimmen für Menschlichkeit unüberhörbar werden. Mögen der Ruf nach Frieden weltweit unüberhörbar werden. Ich hoffe es sehr.

Carl Sondermann

Podcast mit Autorin Anja Reumschüssel zum Konflikt Israel-Palästina

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