Fastenbrechen nach Hungerstreik-Woche für Gaza am 81. Geburtstag

Irma Fäthke aus Sieben Linden hat eine Woche nichts gegessen, weitere Menschen aus Sieben Linden schlossen sich an. Hintergrund ist die „Weltweite Hungerstreik-Woche für Gaza“. Diese internationale Aktion ist ein Zeichen des gewaltfreien Widerstands gegen einen Völkermord, der neben Bombardierungen und gezielten Tötungen auch durch Aushungern betrieben wird. Heute, am 3. August 2025, genau an Irmas 81. Geburtstag endet die Protestwoche.

Aus Protest die Komfortzone des Sattseins verlassen
Die Hungerstreikwoche soll die Stimme der Menschen im Gazastreifen hörbar machen, die unter Besatzung, Aushungerung und Gewalt sterben. In dieser Woche haben viele Menschen weltweit auf Nahrung verzichtet, um symbolisch auf das Hungern und Dursten in Gaza aufmerksam zu machen. Irma dazu: „Dieser  Hungerstreik  bedeutet  für  mich  einmal für  eine  Woche aus  meiner  Komfortzone des täglichen Sattseins auszutreten.  Das laute Schweigen über den  Genozid  an Gazas Zivilbevölkerung ist unerträglich. Die mörderische  deutsche Staatsräson mit ihren Waffenlieferungen muss sofort gestoppt werden.“ 

Das Palestinian NGO Network und die Bewegung „Global March to Gaza“ hatten zu der Fasten-Aktionswoche aufgerufen, viele Organisationen und Einzelpersonen schlossen sich an. 

Fülle hier – Mangel dort
Einzelne Menschen aus dem Ökodorf fasteten tageweise oder auch die ganze Woche solidarisch mit. „Als deutscher Staatsbürger fühle ich mich mitverantwortlich für das grauenvolle Morden im Gazastreifen, nachdem Deutschland der drittgrößte Lieferant von Rüstungsgütern an Israel ist. Dass das Leid der Menschen Profit in deutschen Kassen macht, ist unerträglich. Ich fordere die Verantwortlichen auf, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um den Export von Rüstungsgütern nach Israel zu verhindern, solange dieser Krieg auf diese Weise geführt wird.“ so Edi Meissner
Die Hosen schlottern bei manchen schon ein wenig und natürlich ist es für alle Fastenden wunderbar, heute wieder gesundes Essen genießen zu können. Die Gärten hier in Sieben Linden strotzen zur Zeit nur so vor reifem Obst und Gemüse – während in Gaza sich kaum noch jemand an frische Lebensmittel erinnern kann. Anbauen können die Eingeschlossenen in dem völlig verwüsteten Landstrich kaum noch etwas. Wenn etwas Nahrung geliefert wird, dann sind es Zucker, Mehl und Konserven. Wer noch nicht abgemagert ist, ist mittlerweile zumindest mangelernährt. Fatal für die Kinder und Jugendlichen, die sich im Wachstum befinden und sogar die Hälfte der Gesamtbevölkerung ausmachen. Sehr viele Kinder in Gaza sind heute entweder verwundet, entwicklungsverzögert oder von Hunger und Krankheit gezeichnet. Mehr dazu

Öffentlichkeit herstellen heißt Hoffnung säen
Irma Fäthke sprach am Montag auf der Friedensmahnwache im benachbarten Salzwedel, um die Öffentlichkeit auf die Notlage in Gaza und auf die deutsche Unterstützung des israelischen Völkermordes und Kriegsverbrechens aufmerksam zu machen. Dort berichtete sie auch, wieviel Hoffnung die leidenden Menschen in Palästina und auch ihre palästinensische Freundin Aida Shibli in Europa durch die weltweiten Proteste schöpfen. „Ein kleines Fenster der Hoffnung ist für manche wieder aufgegangen, dass Israel und Palästina zu einem Frieden kommen können.“
Irmas Rede ansehen

Persönliche Erlebnisse im Westjordanland
Vor 20 Jahren hatte sich Irma einer internationalen Friedenspilgerschaft durch Israel und das Westjordanland angeschlossen. Unter dem Motto „Wir weigern uns,  Feinde zu sein“ ist eine immer noch aktuelle Dokumentation darüber entstanden.  Irma hat mit Israelis und Palästinensern gesprochen und ist seither bestens informiert über die israelische Besatzungspolitik und die systematische Unterdrückung der Palästinenser:innen. „Der Konflikt hat nicht am 7. Oktober 2023 angefangen“, sagt sie, „sondern mit der Vertreibung des palästinensischen  Volkes durch Zionisten im Gründungsjahr  des israelischen  Staates 1948. Die fortschreitend raumnehmende Siedlungspolitik der israelischen Regierung hat die Lage immer weiter eskalieren lassen.“

Mit 80 auf den March to Gaza
Die Erlebnisse im Westjordanland prägen und verbinden Irma mit den Geschehnissen in Nahost, besonders nach der Gewalteskalation seit dem 7.10.2023. Daher war Irma Fäthke im Juni diesen Jahres mit zwei weiteren Menschen aus Sieben Linden nach Ägypten zum Globalen Friedensmarsch geflogen, der zu Fuß nach Gaza führen sollte. Mehr dazu
Der „Global March to Gaza“ wurde zwar in Ägypten auf Druck der israelischen  Regierung  gestoppt, „aber der Marsch geht jetzt anders weiter, in Deutschland mit Appellen an die regierenden Parteien. Wir schweigen nicht, wir schauen nicht weg,“ so die 80-jährige ehemalige Tierärztin.

„Der heilige Zorn hält mich lebendig“
Irma ist Mitbegründerin Sieben Lindens und hat 16 Jahre in der Friedensforschungsgemeinde Tamera (Portugal) gelebt und gewirkt und kämpfte ihr Leben lang für Menschenrechte, gegen Aufrüstung, Atomkraft und Massentierhaltung. 

Sie gehört zur Nachkriegsgeneration, die in einer traumatisierten Gesellschaft aufwuchs. Dann kamen der Vietnamkrieg, die Startbahn West, die Befreiungsbewegung in Nicaragua, Kurdistan – und unzählige andere Konflikte. Als „Friedensabenteurerin“ hat sie viele Länder bereist und sich in Konfliktzonen in den Dienst des friedlichen Wiederstandes gestellt. 

Woher schöpft sie die Kraft für dieses Jahrzehnte währende Engagement bis ins hohe Alter hinein? „Der heilige Zorn hält mich lebendig“ sagt sie – und die Augen blitzen. Hier könnt ihr ein Interview mit Irma im Ökodorf-Podcast hören.

Alles hängt zusammen: Imperialismus, Genozid und Klimakrise

Die Welt scheint aus den Fugen und mutige Menschen sind gefragt, die sich einsetzen – ob im stillen Hungerstreik oder mit lauter Stimme. Greta Thunberg, die sehr viel Kritik und unhaltbare Antisemitismus-Vorwürfe aufgrund palästinasolidarischer Aktivitäten ertragen musste, sagte in den Jahren der Fridays for Future-Bewegung, sie wolle die Welt vor dem Klimawandel schützen. Heute formuliert sie treffend: „Imperialismus, Unterdrückung, Genozid – all das ist Teil desselben Systems wie die Klimakrise.“

Simone Britsch

Hinweis: Dieser Beitrag sowie die Teilnahme an der Veranstaltung repräsentiert nicht unbedingt die Meinung aller Bewohner:innen des Ökodorfes Sieben Lindens und des Vereins Freundeskreis Ökodorf e.V.

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