David Loy in Sieben Linden: Buddha und die Energiekrise
Was hat Buddha mit der Energiekrise zu tun? Dieser Frage gingen wir Mitte Oktober auf einer Abendveranstaltung in Sieben Linden mit David Loy nach. David ist emeritierter Prof. für buddhistische Philosophie und Dharmalehrer und hat vor ein paar Jahren das „Ecodharma Center“ in Colorado/USA mitbegründet. In seiner Arbeit geht es um die Balance zwischen innen und außen, zwischen der individuellen Heilung und der in der Welt: „Ökodharma“ – Buddhistische Perspektiven zur ökologischen Krise.
„Wir leben in der gefährlichsten Zeit der Geschichte“
30 Menschen, darunter etliche (Jung-)Aktivist*innen kamen zum Vortrags- und Austauschabend mit David Loy. Sein Vortrag begann mit einem Zitat: „Wir leben in der gefährlichsten Zeit der Geschichte“ – es stammt von Noam Chomsky, emeritierter Professor für Linguistik am Massachusetts Institute of Technology, seit den 1960er Jahren einer der weltweit prominentesten Kritiker der US-amerikanischen Politik.
„Geistesgifte“ innen – kapitalistisches System außen
Buddha, der vor ca. 2½ tausend Jahren lebte, stand nicht vor den Herausforderungen, die wir im Moment erleben – das Kollabieren von Systemen im ökologischen, ökonomischen und im sozialen. Doch die Erforschung des Geistes, unseres Bewusstseins, ist zeitlos. Unsere innere Landschaft, die innere Ökologie, unser individueller Energiehaushalt braucht Zuwendung.
David spricht von den drei „Geistesgiften“ im Buddhismus: Gier, Hass und Ignoranz. Sie sind die Ursachen für die Krisen, die Zerstörung und das Leid was wir im Moment überall erleben. Eine spirituelle Praxis uns selbst zu ergründen, wo in unserem Leben diese Geistesgifte wirken, führt zur Erkenntnis in unserem individuellen Leben und dadurch zu einem anderen Handeln.
Doch das genügt nicht, wie David betont, denn die politischen und gesellschaftlichen Strukturen tragen maßgeblich zur Zerstörung bei. Unser kapitalistische System basiert auf Wachstum. Unbegrenztes Wachstum auf einem begrenzten Planeten um jeden Preis.
Und was hat Buddha jetzt mit der Energiekrise zu tun?
Nix, denn sie ist ein Symptom für unsere Art auf der Erde zu leben. Die Erde als Ressourcenlager für unsere unersättlichen Bedürfnisse zu sehen, mit dieser Sichtweise haben wir uns an den Punkt gebracht, dass natürliche Systeme zusammenbrechen oder kurz vor dem Kipppunkt stehen. Eine gefährliche Situation! Doch diese beinhaltet auch die Möglichkeit, dass mehr Menschen sich den Ursachen zuwenden: Unverbundenheit mit allem Leben und Egozentrismus. Und in diesem Punkt hat Buddha wertvolle Anleitungen entwickelt, welche die Ursachenforschung erleichtern. Denn wenn wir aus einer anderen Haltung zum Lebendigen handeln, dann entstehen die Symptome gar nicht mehr. Alle Handlungen richten sich dann so aus, dass es heilsam für mich UND meine Mitwelt ist!
An dieser Stelle würdigte David Loy unser Projekt Ökodorf Sieben Linden, welches ja mit der Absicht entstanden ist, eine Alternative zum gesellschaftlichen System aufzubauen.
Wenn sich mein Bewusstsein wandelt, wandelt sich die Welt
Im anschließenden Austauschraum, der sehr lebendig war, kam auch die Frage: „Wie kann ich nicht verzweifeln an der Weltsituation in Anbetracht der Zukunft in die meine Kinder hinein wachsen?“
David sprach davon wie wichtig es ist Aktivismus UND innere Arbeit zu verbinden. Die Arbeit an uns selbst bewahrt uns auszubrennen und unterstützt das Loslassen zu üben, loslassen von den Ergebnissen unseres Handelns. Tue alles was du kannst! Doch ob die Ergebnisse deines Handelns die Auswirkungen haben, die du dir wünschst, hängt an sehr vielen Faktoren, die du nicht kontrollieren kannst. So ist es erleichternd sich nicht am Resultat zu messen, sondern die Absicht deines Handelns zu klären und umzusetzen. Meditation und das Wahrnehmen meiner inneren Ökologie hilft, das Loslassen zu üben und mein Bewusstsein zu wandeln, um einem ganzheitlicheren Blick zu ent-wickeln. Und es unterstützt ganz wach und präsent zu sein in diesem Moment, mit mir, meinen Kindern, meiner Arbeit… denn Leben geschieht JETZT und nicht in unseren Zukunftsvorstellungen.
Es kommt nicht darauf an, ob du als deinen spirituellen Weg den Buddhismus mit seinen Lehren (Dharma) wählst. Sondern es geht darum, dass du einen Weg für dich findest, deinen Geist zu erforschen und jederzeit eine innere Stabilität als Anker zur Verfügung zu haben, wenn dein Wirken in der Welt dich fordert. Wenn sich mein Bewusstsein wandelt, wandelt sich die Welt – denn alles steht mit allem in Verbindung. Mein Wirken, sei es noch so klein, hat immer einen Einfluss auf das große Ganze. Diese Erkenntnisse aus der buddhistischen Praxis geben Kraft und Mut, dem Chaos in der Welt zu begegnen!
Das neueste Buch von David Loy, „ÖkoDharma“, verknüpftinnere Bewusstwerdung mit öko-sozialem Engagement und ist ins deutsche übersetzt.
Das nächste Präsenzseminar mit Gabi in Sieben Linden:
24.-26.02.2023: Active Hope – Dem Chaos begegnen, ohne verrückt zu werden.
Online-Kurs mit Gabi zur Tiefenökologie
Gabi Bott