Ökodorf Sieben Linden Podcast

Permakultur ist eine Gartenbaumethode? Ja und nein. Permakultur ist Garten und viel mehr als das! Permakultur geht auch in der Stadt, denn sie ist ein umfassender Designansatz für verschiedene Lebensbereiche. Design? Ja, es geht darum, wie du dein eigenes Lebensumfeld, deinen Beruf oder deinen Innenhof oder den kleinen Balkon aktiv gestalten kannst. Und zwar so, dass auch unsere Städte grüne, gesunde und kulturell vielfältige Lebensräume werden. Vor der Umsetzung kommt in der Permakultur das Planen. Dabei orientieren wir uns an der Natur als Vorbild. Jedem Planungsschritt liegt folgende Frage zugrunde: Was würde die Natur tun? Also los!

Sandra Passaro ist Permakulturdesignerin und hat bereits richtig große Permakultur-Projekte in der Stadt erfolgreich gestaltet: Aus einer Industriebrache wurde ein begrüntes Umweltzentrum. Und sie hat im Kleinen ihre „Wurmkiste“ auf dem Balkon, sodass ihre Küchenabfälle zu Humus werden mit dem sie ihren Balkongarten düngt.

Neuer Onlinekurs von Sandra in der Sieben Linden Webinarwelt:
https://webinarwelt.siebenlinden.org/s/siebenlinden/permakultur

24.-26. November im Ökodorf Sieben Linden: Permakultur – Was ist das? Eine Einführung.

77 Minuten Live-Webinar mit Sandra Passaro: Permakultur
Bukashi, Wurmkiste und Grau-Wasser: für einen lebendigen Boden im Gemeinschaftsgarten, auf dem Balkon oder dem Fensterbrett.

Autorin: Simone Britsch
Mail: podcast@siebenlinden.org
Interviewpartnerin: Sandra Passaro
Veröffentlicht unter der Creative Commons (CC BY 4.0),
Copyright Freundeskreis Ökodorf e.V., 12.8.23

Der Podcast zum Lesen:

Simone: Hallo und herzlich willkommen Folge 79, Ökodorf Podcast aus Siebenlinden. „Hungry Cities“. „Hungry Cities“, was ist das denn? Der Begriff hat mich schon länger neugierig gemacht und ich spreche heute darüber mit Sandra Passaro. Wir sprechen über Permakultur, denn daher kommt die Idee „Hungry Cities“ zu füttern mit neuen Konzepten, die Nachhaltigkeit und grüne Ideen in die Stadt bringen. Mit Hilfe von Permakulturdesign kannst auch du dein eigenes Leben ganz neu gestalten, also deinen Beruf vielleicht, dein soziales Umfeld, deinen Innenhof oder ganz einfach den kleinen Balkon an deiner Wohnung. Sandra bringt tolle Beispiele und viel Erfahrung mit aus Berlin und heute ist auch der Launch ihres neuen Online-Kurses in der Webinarwelt. Ja, hör rein! Sie verrät in dem Interview schon einige Details auch zum Kurs und lass dich überraschen. Hungry Cities. 

Simone: Hallo Sandra. 

Sandra: Hallo Simone. 

Simone: Ich begrüße dich ganz herzlich. Wir sind verabredet zu einem Gespräch über Permakultur, nicht nur auf dem Land, sondern gerade auch in der Stadt. Du bist in Berlin gerade, oder? 

Sandra: Ganz genau. Schön warm hier. Ja, hier auf dem Land natürlich auch. 

Simone: Sandra, du bist eben eine von denen, die sich nicht einen Hof gekauft hat oder ein großes Gartengrundstück besitzt, draußen auf dem Lande im Grünen, keine Landwirtin, keine Gärtnerin. Du bist Permakultur-Designerin. Erklär doch bitte mal diese Verwechslung auf, die es immer gibt, dass Permakultur sich rein um den Garten dreht. 

Sandra: Gerne. Also natürlich ist Permakultur auch naturnahes Gärtnern. Und als die Permakultur eigentlich als Gestaltungsmethode in den 70er Jahren entwickelt wurde, ging es auch ganz intensiv um eben Landnutzung und wie man eben mit der Natur arbeitet. Aber es gibt darüber hinaus eigentlich noch weitere Bereiche, um die sich die Permakultur kümmert. Und das können soziale Bereiche genauso sein wie bauliche Maßnahmen und so weiter. Denn die Permakultur ist keine Gestaltungsmethode. Sondern sie ist eben eine ganzheitliche, also eine systematische Planungsmethode oder Ansatz, die im Prinzip komplexe und lebendige Systeme entwickelt. Um es erst mal sehr kurz zu machen. 

Simone: Darf ich fragen, wie bist du denn auf die Permakultur gekommen, so als eher Stadtmensch? 

Sandra: Ja, also ich habe mich schon sehr früh darum bemüht, mich gut und gesund zu ernähren. Und das ist natürlich gar nicht so einfach mitten in der Stadt, wenn man eigentlich den, ich sage mal, konventionellen Supermärkten ausgeliefert ist, sozusagen. Ich habe sehr früh da schon eine Art Widerstand in mir gefühlt, dass ich irgendwie also verpacktes oder stark verarbeitete Lebensmittel nicht mehr kaufen wollte. Also mein Körper hat sich tatsächlich gemeldet und ich bin dann auf die Suche gegangen, wo bekomme ich denn gesunde Nahrungsmittel her und bin dann eben weiter aufs Land. Ich bin nicht dorthin gezogen, sondern einfach mal mich auf die Suche begeben, wo bekomme ich gute Nahrungsmittel her und es gibt ja sowas wie die SoLawis zum Beispiel, wo man eben auch gemeinschaftlich begegnen kann oder eben einfach auch nur seine Gemüsekiste in die Stadt geschickt bekommt.

Und dann habe ich mich viele Jahre damit auseinandergesetzt, bis dann eine Freundin, die Permakulturdesignerin mich eingeladen hat, Sandra kocht doch mal für unsere Kurse, du kümmerst dich doch eben um gesunde und vegane Ernährung, das ist doch dein Thema. Und so bin ich dann einfach als Hobbyköchin gebucht worden, durfte dann in die Permakultur Seminare auch schauen zwischendurch und habe dann gemerkt, oh wow, hier kommt ja wirklich alles zusammen, worum ich mich die letzten 20 Jahre gekümmert und bemüht habe, zu verstehen, was ist überhaupt hier in der Welt los, warum laufen so viele Dinge nicht, wie ich sie mir wünsche und habe bemerkt, dass ich da eben Methoden und Werkzeuge bekomme, um ins Handeln zu kommen und nicht nur auf so einer theoretischen Ebene zu bleiben. Das hat mich total mitgenommen. 

Simone: Ja, ich glaube, das ist ein ganz großer Reiz, so einen großen Kontext verstehen zu dürfen, Zusammenhänge zu lernen und dann aber punktuell auch wirklich aktiv zu werden und nicht dabei stehen zu bleiben, auch letztendlich so im Kopf drin stecken zu bleiben. So fühlt sich das dann manchmal an und dann hat man viel verstanden und ist doch ohnmächtig. 

Sandra: Das ist genau, wie ich mich gefühlt habe lange Zeit, ohnmächtig und dass ich keine Handlungsmöglichkeiten habe und genau das Das ist das, was die Permakultur mir geschenkt hat letztendlich. Eben diesen Handlungsspielraum und diese Selbstermächtigung tatsächlich. Dass ich verstanden habe, ich habe eine Wahl und ich kann was ändern. Also auch im Privaten kann ich was ändern, beruflich kann ich was ändern. Letztendlich wirkt es sich global aus, wenn viele das tun. 

Simone: Ja, cool. Ich glaube, darum geht es auch ganz viel heute. Angesichts dieser erdrückenden Problemlagen, ja, Dinge finden, Aktionen finden, die funktionieren und die uns auch Spaß machen. Hast du gerade ein Permakulturvorhaben, was dir persönlich Spaß macht? 

Sandra: Ich habe vor zwei Wochen das Basisjahr abgeschlossen mit meinen 20 Studenten, weil ich auch an der Permakulturakademie lehre und dort eben das erste Ausbildungsjahr begleite. Und wir hatten jetzt den Abschlussworkshop, wie gesagt, und 20 meiner Student*innen haben ganz tolle Präsentationen abgeliefert und haben von ihren eigenen Permakulturprojekten berichtet. 

Und ein Beispiel ist zum Beispiel, also zwei Studentinnen, die sich um Nanowälder in der Stadt kümmern. 

Simone: Nanowälder in der Stadt, das muss man sich aber erst mal auf der Zunge zergehen lassen. Was ist das? 

Sandra: Das sind im Prinzip Mikrowälder, kleine Miniwälder, Tiny Forest nennt sich das auch. Und sie haben, jetzt nennt sich kiezwald.de, entwickeln sie eben diese kleinen Nanowälder, aber bemühen sich erst einmal um Flächen. Also sie versuchen in der Stadt Flächen aufzusuchen, die vielleicht nur eine Wiese sind oder die in irgendeiner Form nicht benutzt werden, setzen sich in Verbindung mit der Stadt, mit den Politikern und sagen, okay, wir wünschen uns hier einen Wald und dann wird eigentlich die Stadt wie aufgeforstet. Und das drückt natürlich die Temperaturen runter, es schafft wunderbare Mikroklimasituationen und wirkt eben entgegen, dass die Stadt sich immer weiter aufheizt. 

Simone: Das klingt auch nach einer Antwort auf die Klimakrise. 

Sandra: Die Klimakrise als große Herausforderung der Menschheit heutzutage klingt nach einer großen Aufgabe. Und Wissenschaftler und große Firmen überlegen sich teure Technologien, wie man eben der Klimakrise entgegentreten kann. Aber die Antwort kann so einfach sein. Und das liegt in meinen Augen eben genau darin, ob auf dem Land oder in der Stadt, Bäume zu pflanzen und Mikroklima zu schaffen, was letztendlich mehr Feuchtigkeit behalten kann im Boden, was den Boden vor Erosion schützen kann. Was die Bäume leisten, ist ebenfalls Schatten, sowohl als auch Lebensräume für Tiere. Bäume sind einfach fantastisch und können tatsächlich eben der Klimakrise entgegenwirken. 

Simone: Ja, wenn ich die Permakultur richtig verstanden habe, von dem bisschen, was ich so weiß, ist, dass das aber eben ein sehr systematisches Vorgehen ist. Das heißt, ich pflanze nicht einfach irgendwo wild Bäume, weil ich gehört habe, das ist jetzt gut, sondern wie würde ich als Permakulturdesignerin oder als in der Permakultur bewandter Mensch denn vorgehen, wenn mir so etwas vorschwebt. 

Sandra: Es ist interessant, man kann die Permakultur aus verschiedenen Perspektiven anschauen. Letztendlich ist es eben eine Gestaltungsmethode. Du hast total recht, Simone. Das Grundprinzip der Permakultur ist, auf ökologischer, ökonomischer und sozialer Ebene mit allen Ressourcen zu wirtschaften. Das hört sich auf einmal sehr komplex an. Also wie soll man das leisten? 

Was die Permakultur schafft oder auch sagen wir der Permakulturdesigner ist, dass er versucht eben lebendige Systeme zu erhalten und zu verbessern und bestenfalls einen Überschuss an Energie im System zu gewährleisten. Anhand der Permakulturethik zum Beispiel, der Permakulturprinzipien und auch der Permakulturmethoden ist es dem Designer eben in die Hände gelegt, genauer zu planen. Und wie kann man eigentlich am Vorbild der Natur Systeme erschaffen, die sich in der Vielfalt der Elemente innerhalb eines Systems positiv beeinflussen. Erstmal so viel dazu, das kann noch komplexer werden, aber genau, der Permakulturdesigner durchläuft also bestimmte Prozesse, analysiert und wird sich dann später entscheiden, wie die Elemente zusammengebaut und gestaltet werden, damit das Ergebnis eben nachhaltig, wirklich nachhaltig wirksam wird. 

Simone: Ja, in der Tat wird es dann gleich wieder sehr komplex, ja, so von Bäumen pflanzen, es so was Konkretes Einfaches und das Ganze aber eben so aufzusetzen, dass es auch nachhaltig wirkt und dass man vielleicht mit einem kleinen Geld- und Energieeinsatz dann letztendlich möglichst viel erreicht, statt irgendwelche wilden Ad-hoc-Aktionen, das kennen wir ja auch von großen Konzernen, die plötzlich meinen, sie müssten irgendwo was pflanzen oder irgendwie was und dann ist das ein großer Medienrummel und es bringt gar nicht so viel, sondern wirklich nachhaltig und dauerhaft, oder?

Sandra: Ganz genau, ja. So sieht es aus. Also es geht vor allem, das was ich vorhin schon gesagt habe, es geht darum, um Elemente eben einzusetzen, die mehrere Funktionen erfüllen können und dass diese Elemente untereinander auch eben Verbindungen eingehen oder eben positive Synergien und Symbiosen. Das ist ja genauso wie bei Menschen, wenn man versucht, eine Gruppe von Menschen, das kennt ihr wahrscheinlich sehr gut, in Sieben Linden als Ökodorf. Interessanterweise

ist es so, dass bei Menschen sowie auch Ökosystemen, also Pflanzen, die gleichen Kriterien wirken. Also es geht immer um die Verbindung untereinander, dass sie positiv sind. 

Simone: Ah ja, das hast du schön gesagt. Das werde ich mir merken und gerne mitnehmen. Du hattest schon erwähnt, dass du an der Permakulturakademie unterrichtest. Du gibst auch Einführungskurse, Permakultur, zum Beispiel im Ökotorf Sieben Linden bei uns. Mittlerweile kennst du das Gelände und die Leute hier ganz gut. Du hast jetzt auch einen Online-Kurs erstmalig aufgesetzt mit uns in der Webinarwelt. Erzähl, ist das möglich? Kann man online Permakultur überhaupt lernen? Wie geht das? 

Sandra: Das ist das, was ich versuche. Das probieren wir einfach mal, würde ich sagen. Und zwar ist es so, was ich versucht habe, ist tatsächlich eben zu erklären anhand mehrerer Stufen, was Permakultur ist und was Permakultur leisten kann und was es auch für jeden Einzelnen im Privaten und im Kleinen tun kann. Also ich kann meinen Garten und mein Balkon gestalten, aber auch mein eigenes Leben oder mein Business.

Also das ist super spannend, wenn ich halt verstehe, was die Ethik besagt und wenn ich die Prinzipien eben anwende, wenn ich durch bestimmte Prozesse gehe, dann ist es möglich, alles zu gestalten. Und in diesem Webinar versuche ich eben, die Menschen mitzunehmen, dass sie sich ein Wunschprojekt von sich selbst vorstellen, im Sinn haben sozusagen und dann durchlaufen wie verschiedenste Stufen. Und dazu gibt es dann halt auch ein Arbeitsbuch und dann kann man eben anhand des Arbeitsbuchs und meiner Lektionen jeder sehr individuell an seinem eigenen Projekt arbeiten und ich hoffe, dass das gelingt. 

Simone: Ja, das ist ja auch eine ganz schöne Kombi aus den Videos, die vorproduziert sind und die man in jeder Zeit anschauen kann, egal wie Wetter und Termine und so weiter den Rahmen setzen. Das Workbook zum eigenständigen Arbeiten und dann gibt es Live-Calls mit dir, Sandra, wo du dann ansprechbar bist und da kann ich dann Fragen stellen zu meinem persönlichen Projekt. 

Sandra: Ganz genau, ja, die werde ich dann auch versuchen zu beantworten und es ist spannend, weil ich bin natürlich total neugierig, wie immer, genauso an der Akademie mit meinen Student*innen, genauso wie auch in Einführungskursen oder Permakultur-Design-Kursen, ebenso auch im Webinar. Was habt ihr denn für Projekte? Wie sehen die gestalteten Projekte dann aus am Ende eben dieses Webinars?

Und da kann dann jeder auch sein eigenes Projekt hochladen auf WeChange zum Beispiel und dann kann ich mir die Projekte schon mal angucken. Dann, wenn wir uns dann treffen im Live Call, kannst du zu deinem eigenen Projekt dann eben ganz spezielle Fragen stellen. Da wird es dann noch andere Teilnehmende geben und dann kann man sich untereinander austauschen. Oft sind Fragen ja auch oder Anliegen ähnlich und ja, man lernt da auch noch mal was. Und dann hat man diesen Live Moment und halt auch die Verbindung, die menschliche eben. 

Simone: Ja, cool. Es kam jetzt ja auch wirklich schon raus, es geht nicht darum, zum Beispiel nur ein Projekt zu machen, was sich auf den Garten bezieht. Es kann sicherlich sein, dass man den eigenen Garten permakulturell gestalten möchte, aber was würden noch so Projektideen sein oder was hast du schon in der Stadt gemacht, wo du auch mit Permakulturmethoden rangegangen bist?

Sandra: Ich kann erst mal von einem kleinen Beispiel sprechen und dann kann ich von einem größeren Beispiel sprechen. Zum Beispiel: Ich habe hier einen Balkon, der ist zwei Quadratmeter groß. Und mich hat das immer gestört. Und ich so, auf dem Balkon? Ich kann doch gar nicht in die Erde pflanzen. Das stört mich. Also das ist einfach. Wie kann ich denn hier Permakultur machen? Und am Anfang damals, noch vor der Ausbildung und dann habe ich ziemlich schnell gelernt, dass es ja diese tollen Wurmkisten gibt. Und die Würmer erledigen den Job für uns tollen Boden zu erstellen. Also es hat sich für mich immer sehr falsch angefühlt, eben meine Gemüsereste hier in den Müll zu schmeißen. Und dann bin ich eben auf die Wurmkiste gestoßen und das kann man sich mal genauer angucken.

Das würde zu weit führen, wenn ich das jetzt im Detail erklären würde. Aber letztendlich schmeißt man dann eben seine Gemüsereste in diese Wurmkiste, wo schon ein bisschen Erde, ein bisschen Gras drin ist, macht das Ding wieder zu und die Würmer erledigen den Rest. Nach ein paar Wochen habe ich beste Erde und kann damit meine Balkonpflanzen ernähren, sozusagen. Dann kann hier auch kleine Erdbeerchen pflanzen oder Kräuter pflanzen und die kann ich dann essen. Damit habe ich, total cool, nämlich trotz Balkon und keine richtige Verbindung zur Erde trotzdem einen Kreislauf geschaffen. Und das ist das, was man immer wieder versucht bei der Permakultur. Kreisläufe zu schließen und eben keine Abfälle zu erzeugen. Und das ist vielleicht so ein sehr praktisches Beispiel, was jeder machen kann.

Simone: Ja, das klingt richtig toll. Also du hast dauerhaft Würmer auf deinem Balkon leben. Sie verwandeln Gemüsereste in Humus. Du verwendest diesen Humus direkt bei dir auf dem Balkon. Du isst dein Gemüse, du hast Gemüsereste und so geht das immer weiter. Was machen deine Sommer im Winter? 

Sandra: Die schlafen. Also im Sommer vermehren die sich ordentlich. Das ist wirklich fantastisch. Was für ein cooles, kleines Tierchen. Und im Winter schlafen sie. Ich würde behaupten, dass vielleicht nicht jeder überlebt. Aber es sind tatsächlich welche übrig, die dann hinterher wieder im Sommer, wenn es wärmer wird, aktiv werden. Und dadurch, dass sie da eigentlich auch gut in der Erde eingebettet sind, erfrieren sie nicht. 

Simone: Du wolltest noch von einem größeren Projekt berichten. Warst du in Berlin oder wo hast du das umgesetzt?

Sandra: Genau, das ist wirklich ein Herzensprojekt von mir. Das begleite ich schon über zehn Jahre. Und es hat alles damit angefangen, dass ich immer wieder an einem alten Eisenbahngebäude vorbeigelaufen bin. Das war ein altes Eisenbahn- oder ein alter Lokschuppen. Und davor war ein großer Sandhaufen. Das ist so ein cooles Gebäude gewesen. Ich hab mich schon vor 20 Jahren gefragt, was passiert denn hier?

10 Jahre später haben tatsächlich Freunde von mir das bespielt und haben da Veranstaltungen gemacht. Und haben dann irgendwann mich eingeladen und haben gesagt, Sandra, wir möchten hier gerne auch den Ort begrünen. Hier liegt aber nur Sand drum. Es ist nicht klar, wer sich in Zukunft drum kümmern wird. Wir wissen nicht genau, wie wir das aufziehen wollen. Die Rollen sind noch nicht klar. Es war alles unklar. Ich wurde dann eingeladen, um ein Permakultur-Design zu machen. Also eben habe ich diese Gestaltungsaufgabe von meinen Freunden bekommen. Wir haben uns dann im Team darum gekümmert, festzustellen, was braucht der Ort und was brauchen die Menschen vor Ort. Ich habe dann hinterher auch die Anwohner eingeladen zu einem Event, um sie mit partizipieren zu lassen, um Ideen einzusammeln. 

Was wollt ihr hier sehen? Oder was braucht ihr? Was wünscht ihr euch? Und dann haben wir halt Ideen gesammelt und das ist dann auch mit in die Gestaltung eingeflossen. Und dann gab es hinterher letztendlich ein Design auf vier verschiedenen Ebenen. Nämlich einmal eben eine Art Teambuilding inklusive eben der Partizipation der Anwohner. Dann gab es eben ein Design für die Begrünung des Ortes, also trotz der Herausforderungen Sand und wahrscheinlich kontaminierter Boden. Also da mussten wir uns halt auch ein paar Sachen einfallen lassen. Dann gab es eben ein Konzept für die Umsetzung der Begrünung eben. Das haben wir in Form von Workshops gemacht.

Dann haben wir uns noch ein finanzielles Kreislaufsystem überlegt. Das haben alle dankend angenommen. Und wir haben auf verschiedensten Ebenen eben die Pflanzen angelegt, sodass es halt vom Boden nach oben rankend, von den Dächern nach unten rankend, von dem Gebäude zum nächsten Gebäude. Also das ist das, was man eben auch versucht, in der Permakultur eben nicht ebenerdig nur zu arbeiten und mit Monokulturen, sondern eine Biodiversität herzustellen, eben diese Verbindungen unter den Elementen und eben über mehrere Ebenen hinweg und in die Höhe. 

Simone: Ja, ich muss dazu sagen, ich war da mal bei dem Lokschuppen „Nirgendwo“ nennt er sich und war tatsächlich sehr beeindruckt, traf dort zwei junge Männer nämlich und der eine war voll der Insektenfreak und der hat mir so viele kleine Nischen gezeigt und dort ist wirklich an einer Art Industriebrache, muss man ja sagen, war es ein Ort entstanden, wo eine große Diversität von Menschen, aber auch eben von kleinsten Tieren und wahrscheinlich, wenn Insekten da sind, sind ja auch die Vögel kommen schnell hinterher.

Und es war ganz schön zu beobachten, wie eine, ja so ein bisschen so eine gelenkte Regeneration da auch sichtbar ist, die sicher allen gut tut, auch den Anwohnerinnen da. Das ist so ein Viertel, wo eigentlich, glaube ich, niemanden einen Garten hat. Vielleicht haben manche einen Hinterhof, denke ich mal, oder so was. Aber es sind wirklich so mehr Familien, Gründerzeithäuser, mehr, also große Wohnblöcke und so weiter. Das ist schon eine Oase. Klasse. Ja, Glückwunsch! 

Sandra: Danke! Ja, also das ist tatsächlich wirklich schön und und interessanterweise sehr schön gewachsen einmal über die Jahre. Und es wurde tatsächlich so umgesetzt, wie ich es auch gestaltet und das Design eben angeboten habe. Also einmal eben durch die Workshops, aber natürlich auch durch die Anwohner und das Team vor Ort, dass es immer weiterentwickelt wurde und dass ich wirklich ein halbes Jahr später, als ich dann da ankam, einfach meine Zeichnungen, also die Gestaltung, umgesetzt gesehen habe, genauso wie ich mir das vorgestellt hatte. Und das war schon fantastisch. Und das, was jetzt passiert ist, ist, dass halt auch der Bezirk und der Senat so interessiert waren, dann tatsächlich eben an diesem wirklich, ja, wie du sagst, schönen Oase, die es inzwischen geworden ist, dass tatsächlich das nirgendwo jetzt auch zum Umweltbildungszentrum geworden ist.

Simone: Wow. Ja, das ist echt eine richtig schöne Geschichte. Wir werden das auch verlinken gerne in den Show Notes. 

Sandra: Wer also mal in Berlin unterwegs ist und eher so die Orte am Rande der Touristentipps sucht, wo man richtig viel sehen kann. Dort gibt es manchmal Veranstaltungen, Kulturveranstaltungen, einen kleinen Biergarten, alles vegan. 

Simone: Sandra, wenn man über dich im Internet liest, kommt man auch ganz schnell auf ein Thema, das heißt „Hungry Cities“. Was verbirgt sich dahinter? Es klingt sehr spannend. 

Sandra: Hungry Cities ist letztendlich die Plattform, die ich gegründet habe für all meine permakulturellen Maßnahmen oder Projekte. Also dahinter verbirgt sich dann eigentlich eine Art Design-Büro. Ich habe viele Permakultur-Design-Kollegen eingeladen, dort mitzuwirken. Wir arbeiten in Teams, sodass unterschiedlichstes Wissen hier zusammenkommen kann, weil wir alle die unterschiedlichsten Schwerpunkte haben und Experten in verschiedensten Bereichen sind.

Gleichzeitig ist es auch die Plattform für mich und meine Kollegen, wo wir unsere Kurse anbieten können. Also wie gesagt zu unterschiedlichsten Bereichen innerhalb der Permakultur. Ich habe den Namen so gewählt „Hungry Cities“, was sich erstmal ein bisschen düster anhört, vielleicht, aber gleichzeitig auch im Prinzip aufzeigt, dass ich hungrig nach Wissen bin. Je mehr ich weiß, umso besser kann ich mir selber helfen.

Und hier eben nochmal dieser Selbstermächtigungsfaktor, den ich immer wichtig finde, weil Wissen und dann eben daraus folgendes Handeln kann einen eben aus dieser Ohnmacht befreien. Und dadurch, dass ich ja sowieso über die Ernährung und über das Essen eben zur Permakultur gekommen bin, ist dann auch dieser Name „Hungry Cities“ einfach entstanden. 

Simone: Ja, schön. Also bei mir kamen auch sofort Bilder, als ich das gelesen habe, „Hungry Cities“ war natürlich auch der Fakt, dass Städte letztendlich sich nicht werden ernähren können, niemals. Sie brauchen immer das Land drumherum und da eben die besten, ja das Beste miteinander auch zu finden zwischen Stadt und Land. 

Sandra: Genau, also eine Stadt ist ein Importmonster und wenn die LKWs nicht mehr in die Stadt fahren, dann haben wir ein kleines Problem. Deswegen ist es umso wichtiger, frühzeitig zu handeln und nach Alternativen zu suchen. Dadurch, dass Ernährung uns alle betrifft, natürlich und täglich, ist es einfach wichtig, dass man hier konsumkritisch mal genauer hinschaut. Genau, womit ernähre ich mich eigentlich? 

Simone: Ja, und wer die Sandra erleben will, kann gerne vom 24. bis 26. November zur Permakultureinführung in Präsenz live und echt in Sieben Linden mal hier vorbeischauen. Werden wir auch verlinken oder eben auf unserer Webinarwelt einfach mal so einen ganz unkomplizierten Einstieg, der jederzeit möglich ist, über einen Online-Kurs wagen. Also du bist vielseitig erreichbar, Sandra, und finde ich klasse, dass du das einfach so streust, so wie du jetzt auch vor Begeisterung sprühst, wenn du erzählst. 

Sandra: Ich finde es ganz wichtig, diese Ansätze in die Städte zu bringen. Denn die Menschen werden in Städten wohnen. Es kann nicht passieren, dass alle in Ökodörfer rausziehen, sondern die Metropolen wieder artgerecht zu gestalten. Also menschenartgerecht. Das ist, glaube ich, wichtig. Das habe ich bei der letzten Konferenz, bei eurer letzten Gen-Konferenz ja gelernt. Die Zukunft werden die Städte bestimmen. Das ist wirklich spannend. Und wir haben Möglichkeiten, wir haben die Wahl. Und wenn wir das alle zusammen anpacken, können wir noch sehr viel Positives gestalten in Zukunft. 

Simone: Ich hoffe, ja, da hatten wir mit dem Professor Hahn auch gesprochen. Genau. Auch ein schönes Gespräch. Da verlinke ich auch noch gern übrigens das Video. Das ist eigentlich auch ganz sehenswert, wenn es darum geht, die Städte eben wieder zu renaturieren. Ganz wichtig. Du, ich danke dir für dieses spannende Gespräch. Wir bleiben in Kontakt und du pendelst so zwischen deinem städtischen Wirken und dann den grünen Flecken hier auf dem Lande. 

Sandra: Ja, ich freue mich, bald wieder zu euch zu kommen. Danke dir, Simone, für die Einladung. 

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