Ökodorf Sieben Linden Podcast

Christoph Strünke ist Umweltwissenschaftler und hat als Ökodorf-Bewohner einen CO2-Fußabdruck, der nur ein Viertel des Bundesdurchschnitts beträgt. Und das ist wissenschaftlich erwiesen – denn die Uni Turin hat vor einigen Jahren aus einem großen Datensatz den CO2-Fußabdruck der Sieben Lindner*innen berechnet. Die wissenschaftliche Erhebung gibt ein fundiertes Feedback zu unserem Lebensstil und zeigt auch Verbesserungspotentiale auf.

Christoph ist es ein Herzensanliegen klimafreundlich zu leben, sodass alle Menschen eine Lebensgrundlage haben – und gleichzeitig der Klimawandel eingedämmt werden kann. Auch er muss verstärkt CO2 einsparen, um dieses Ziel zu erreichen. Für uns alle hat er einige Hinweise dafür, was wirklich zählt für einen kleineren CO2-Fußabdruck.

Ermittle selbst Deinen CO2-Fußabdruck: https://www.wwf.de/themen-projekte/klima-energie/wwf-klimarechner

Hier geht es zur CO2-Fußabdruck-Studie Ökodorf Sieben Linden: https://siebenlinden.org/de/oekolgischer-fussabdruck/

Autorin: Simone Britsch
E-Mail: podcast@siebenlinden.org
Interviewpartner: Christoph Strünke

Veröffentlicht unter der Creative Commons (CC BY 4.0)
Copyright Freundeskreis Ökodorf e.V., 06.11.2021

Der Podcast zum Lesen:

Simone: Hallo und herzlich willkommen zur 14. Folge Ökodorf Podcast aus Sieben Linden. Heute wird es wissenschaftlich. Es geht um den CO2-Fußabdruck, der ganz exakt berechnet wurde für das Ökodorf Sieben Linden durch eine Studie der Uni Turin. Aber es geht um weit mehr, denn eigentlich geht es um die Frage, wie kann der Klimawandel gestoppt werden. Der ökologische Fußabdruck ist eine Messgröße, die uns als Menschen zeigt, wie wir unseren persönlichen CO2-Ausstoß einordnen können. Christoph Strünke als Umweltwissenschaftler ist da sehr ambitioniert. Er lebt schon lange im Ökodorf. Er legt auch übrigens seinen persönlichen Fußabdruck offen dar, den er errechnet hat. Ja, und wir sprechen darüber, was können Einzelne tun, um ihren CO2-Fußabdruck zu verbessern. Und was muss jetzt aber auch endlich mal von staatlicher Seite geschehen, um dem Klimawandel noch etwas entgegenzusetzen. Ja, hallo Christoph. Danke, dass du dich bereit erklärt hast für dieses Gespräch zum ökologischen Fußabdruck. 

Christoph: Ja, danke Simone für die Einladung. Es freut mich, über dieses Thema mit dir heute sprechen zu können. 

Simone: Der ökologische Fußabdruck ist aus meiner Sicht einer der wichtigsten Themen und Botschaften von Sieben Linden. Lass uns einfach mal damit starten, dass du erklärst, worum geht es denn überhaupt beim CO2-Fußabdruck. 

Christoph: Der CO2-Fußabdruck misst, wie viel Treibhausgase wir durch unser Verhalten in die Luft pusten, wenn man so will. Das heißt, es ist total wichtig, sich das anzuschauen, unser Verhalten, was hat das an Auswirkungen bezüglich der Treibhausgase. Und das misst der CO2-Fußabdruck. 

Simone: Es ist also eine Möglichkeit, dass ich als einzelner Mensch oder wir als Ökodorf besser verstehen, wie unser Verhalten den Klimawandel beeinflusst, oder? 

Christoph: Ja, genau. Das kann man in sehr konkreten Bereichen festlegen oder feststellen. Dazu gab es ja auch eine Studie, die ich mit begleitet habe, wo ich ganz viele Daten gesammelt habe. Wo zum Beispiel für über ein ganzes Jahr ich nachgeschaut habe, wo kommen die Lebensmittel her, die wir konsumieren. Kommen die aus Übersee, kommen die aus Selbstversorgung, wo auch immer her? Und welche Lebensmittel sind das? Das ist jetzt so ein Beispiel. Ein anderes Beispiel ist, dass ich für ein ganzes Jahr lang 25 Personen gefragt habe, die mir eben für dieses ganze Jahr aufgeschrieben haben, mit welchen Verkehrsmitteln sind sie wohin, zu welchem Zweck gefahren. 

Simone: Wow, das klingt nach einem riesigen Datenwerk, den ihr da erhoben habt. Zu den Bereichen Konsum, Mobilität, Ernährung und Energie. Und was ist dann mit diesen ganzen Daten eigentlich passiert? 

Christoph: Also es war tatsächlich ziemlich viel Arbeit, diese Daten zu sammeln und wir hatten einen Forscher, Andrea Bocco von der Technischen Universität Turin, und der hatte Lust für uns so einen CO2-Fußabdruck zu ermitteln. Das heißt, ich habe dem die ganzen Daten geschickt und der hat für uns daraus diesen CO2-Fußabdruck errechnet. Ich glaube, das ist eine recht einmalige Sache, dass ein Dorf und in diesem Fall ein Ökodorf so eine Studie hat, so eine Aussage letztendlich, was für einen CO2-Fußabdruck wir auf der Welt verursachen.

Genau, das war tatsächlich auch ziemlich viel Arbeit. Und ich glaube, es hat uns noch mal stärker gezeigt, wo stehen wir wirklich? Also es gibt einmal den Bundesdurchschnitt, der liegt bei circa 9 Tonnen CO2. Und wo stehen wir eigentlich als Sieben Linden? Und es hat mich schon auch ein Stück überrascht, dass wir wirklich bei der Hälfte vom CO2-Fußabdruck, beziehungsweise eigentlich bei einem Viertel vom CO2-Fußabdruck liegen. Wir liegen bei 2,4 Tonnen. Also, bei 2,4 Tonnen liegt Sieben Linden. 

Simone: Und sagst du bitte noch mal zum Vergleich, dass man sich da noch mal richtig reinhören kann, den Bundesdurchschnitt vom CO2-Fußabdruck. 

Christoph: Genau, diese Angabe Tonnen bezieht sich ja auf pro Person und Jahr. Und beim Bundesdurchschnitt sind es neun Tonnen. Und beim Ökodorf Sieben Linden sind es 2,4 Tonnen. 2,4 Tonnen CO2 verursacht also jeder einzelne Sieben Lindner im Durchschnitt pro Jahr und pustet das eben in die Atmosphäre durch Autofahren, durch Heizen, selbst Holz bläst natürlich CO2 in die Luft und so weiter. 

Simone: Ja, was ist das für dich für eine Aussage? Also einerseits sprichst du von einem Erfolg. Wir liegen deutlich, sehr deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Und andererseits ist es ja doch noch ein ganz schönes Emissionsvolumen, was da zusammenkommt. 

Christoph: Ja, zum einen war das ja tatsächlich ein Erfolg, das erst mal ermittelt zu haben, dass unser CO2-Fußabdruck so viel geringer ist. Und gleichzeitig, wenn man sich jetzt mal die Ergebnisse oder das Agreement in Paris anschaut von 2015, dann ist dort die Angabe, es sollen 1 bis 1,5 Tonnen CO2 pro Person sein. Das heißt, da sind wir immer noch auf dem Weg und sind noch nicht komplett nachhaltig. 

Simone: Tja, das ist natürlich auch irgendwie eine deprimierende Nachricht, dass man sich hier in so einem Ökodorf doch ganz schön abstrampelt, um alle Bereiche so ökologisch wie möglich zu gestalten und immer noch nicht ein Ziel erreicht hat, das eben weltweit den Klimawandel eindämmen könnte. Ja, dann lass uns doch mal die einzelnen Bereiche durchgehen, damit auch noch mal mehr so ein Verständnis entsteht, wo ist das Ökodorf besonders erfolgreich und wo haben wir auch noch Potenzial uns zu verbessern. Wie sieht es denn aus im Bereich Konsum, Güter und Abfall? Was hast du da ermittelt? 

Christoph: Ich habe ermittelt, dass unser Verbrauch an Restmüll oder Produktion von Restmüll nur bei 15 Kilogramm pro Person und Jahr liegt, während der Bundesdurchschnitt bei 150 liegt. Also es ist 10 Prozent von dem. Und das hängt damit zusammen, dass wir gemeinsam Sachen einkaufen, dass es Großgebinde gibt, dass wir einfach ganz viel viel weniger Müll einfach dadurch entsteht, dass wir Sachen gemeinsam tauschen, leihen, Verschenkeecke haben. Es wird einfach viel weniger eingekauft und dadurch entsteht auch viel weniger Müll. Also im Bereich Konsum voller Erfolg gibt es dann nicht so viel zu verbessern. Sicherlich ist noch zu erwähnen, dass soweit ich weiß, die Menschen hier im Ökodorf sehr darauf achten, wo sie was einkaufen, dass schon der Produktionsweg auch mit im Blick ist beim Einkauf, was sicherlich auch den CO2-Fußabdruck im Vergleich zum Bundesdurchschnitt ganz schön senkt. 

Simone: Ja, wie sieht es denn aus im Bereich Ernährung? Bei der Ernährung ist es so, dass gerade der Fleischverbrauch sehr, sehr viel geringer ist. Also es ist eigentlich fast nicht zu vergleichen. Der liegt, wenn man das wirklich noch ein bisschen hochrechnet, bei einem Kilogramm Fleisch pro Person und Jahr. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 70 kg. Das ist fast nur ein Prozent von dem. Das ist ein sehr großer Unterschied. Was man sicher auch sagen kann, in dem Bereich Milchprodukte liegen wir bei 50 % vom Bundesdurchschnitt. Das ist auch relativ klimarelevant, nicht nur der Fleischverbrauch, sondern auch die Milchprodukte, Butter, Eier oder Milch. Da wäre noch Verbesserungsbedarf, noch mehr in Richtung vegane Ernährung zu gehen. In gezielter Weise sind wir aber auch gerade als Siebenlindmer auf dem Weg in diese Richtung. 

Simone: Naja, ich denke insgesamt kommt uns sicherlich in dem Bereich auch zugute, dass wir fast alles an Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten haben, kurze Wege und eine ganz ökologische Produktion. Das wird wahrscheinlich sehr positiv sich niedergeschlagen haben in den Werten, oder?

Christoph: Ja, also wir haben ja 70 Prozent Selbstversorgung mit Gemüse und Kartoffeln und da ist zum einen gar keine Wege, die gebraucht werden und wir müssen es nicht woanders noch einkaufen. Und das ist natürlich ein großer Anteil. Interessanterweise hat der Mobilitätsaspekt bei dem Transport von Lebensmitteln viel geringeren Einfluss als das was produziert wird . Also tatsächlich Milchprodukte und Fleisch sind tatsächlich das , was am meisten Einfluss hat. 

Simone: Und konventionell und bio, was hat das für einen Einfluss bei der Erhebung des Fußabdrucks? 

Christoph: Auch ein bisschen, aber tatsächlich immer noch das, was wird produziert. Also sicher ist ökologisch von der Landwirtschaft her betrachtet eben natürlich viel CO2 neutraler oder besser. Da kommen auch andere Aspekte noch mit rein, dass zum Beispiel die Bodendegradierung natürlich durch die konventionelle Landwirtschaft stärker ist und die hat erstmal nicht direkt eine CO2-Relevanz. 

Simone: Ja, dann lass uns auf den Bereich Energie schauen. Wie sieht es aus mit dem Themenfeld Energie und dem CO2-Fußabdruck? 

Christoph: Ja, da habe ich festgestellt, dass das, was tatsächlich relevant ist oder was sehr wichtig ist, erst mal zu schauen, wie können wir weniger Energie verbrauchen. Und da ist unser Stromverbrauch bei einem Drittel vom Bundesdurchschnitt und unser Heizenergieverbrauch bei 60 Prozent. Das macht schon mal viel aus. Und dann, wie das produziert wird, ist komplett regenerativ. über Solar oder Brennholz. Und wir haben auch einen eigenen Wald, sodass die Menge an Brennholz, die wir jedes Jahr verbrauchen oder verheizen, mehr sogar davon noch nachwächst. Also dass das für uns nachhaltig ist. Und da ist auch der Vergleich vom Flussabdruck, glaube ich, bei 10 Prozent von dem Bundesdurchschnitt. 

Das heißt bei Güterabfall und bei Energie liegen wir bei ungefähr einem Zehntel, bei der Ernährung ungefähr bei 30 Prozent. Und jetzt kommen wir noch mal zu dem Bereich Mobilität. Das ist ja auch der vierte sehr wichtige Aspekt. Und da ist schon mal interessant, wir haben ziemlich viele Arbeitsplätze vor Ort. Das bedeutet, dass wir deutlich weniger Autos haben und brauchen als im Bundesdurchschnitt. Wir fahren im Durchschnitt dreimal so viel mit öffentlichen Verkehrsmitteln als der Bundesdurchschnitt. Und wir verbrauchen nur ein Drittel der Autokilometer. Und trotzdem ist das unser schwächster Aspekt noch. Also wir haben ungefähr ist der CO2-Fußabdruck bei 50 Prozent im Vergleich nur die Mobilität verglichen zum Bundesdurchschnitt. 

Simone: Ja bezüglich Mobilität ist natürlich noch hinzuzufügen, wir wohnen ja sehr auf dem ländlichen Bereich, in einer sogenannten strukturschwachen Region. Und da werden tendenziell einfach mehr Autos gebraucht, als wenn man in Städten wohnt. Und tatsächlich, ich würde sagen, ist das schon sehr besonders für dieses Dorf, dass hier ungefähr 50 Menschen vor Ort eine Arbeit finden. Ungefähr die Hälfte der erwachsenen Bewohnerinnen haben hier vor Ort eine Arbeit und das gibt es glaube ich kaum noch in anderen Dörfern. 

Christoph: Genau, aber wenn man dann mal hier weg will, dann hat man einen Bus zur Verfügung, der alle zwei Stunden mal fährt und tatsächlich greifen auch einige eben immer wieder aufs Auto zurück, um sich hier regional zu bewegen. 

Simone: Die Fernreise machen wir glaube ich ganz überwiegend mit der Bahn oder? Das geht auch sehr gut. 

Christoph: Genau, also nochmal zu dem Autoverkehr. Das wird hauptsächlich dann genutzt, wenn Menschen zur Arbeit fahren. Selbst Versorgungsfahrten machen manche auch mit dem Auto, aber fahren auch viele mit Bus da hin und her. Die Fernreisen, da sind schon überwiegend Menschen, die entweder mit öffentlichem Verkehr oder mit Auto da fahren und es gibt leider auch ein paar Menschen, die in Urlaub fliegen. Da haben wir auch immer wieder als Gemeinschaft eine Diskussion dazu, weil das ja einen Ausdruck auf unseren gemeinsamen CO2-Fußabdruck hat, was jemand einzeln für eine Entscheidung trifft. Und da ist jeder erst mal frei, das zu tun und zu lassen, was er oder sie will. Wir sind im Austauschen miteinander dazu, weil manche Menschen, eingeschlossen mich zum Beispiel, das nicht so toll finden. 

Simone: Ja, unser gemeinsamer ökologischer Fußabdruck. 

Christoph: Das ist manchmal auch ein Spannungsfeld zwischen Individualität und dem Gemeinwohl, so wie es eigentlich überall auf der Erde ist. Jeder kann einfach sich ins Flugzeug setzen und sich woanders eine schöne Zeit machen, aber das CO2, was dabei entsteht, ist dann für alle da. Im Grunde haben wir es ja mit einem weltweiten Dilemma zu tun. Die reichen Nationen und die reichen Menschen in diesen Ländern verbrauchen einfach zu viel.

Was dürften wir imitieren, damit der Klimakatastrophe weitgehend vorgebeugt wird? Na, pro Person und Jahr dürfen wir eine Tonne, vielleicht 1,5 Tonnen CO2 emittieren. Das ist natürlich sehr weit weg, wo der liegt. Der liegt bei 8,9 Tonnen oder bei 9 Tonnen. Und bezogen auf die reichen Nationen, würde ich sagen, liegt Deutschland so im oberen Drittel. Es gibt schon auch noch Länder, die weniger emittieren. Aber auf 1 bis 1,5 Tonnen zu kommen, da kann man theoretisch auch schon mal den Kopf in den Sand stecken und sagen, wie soll ich denn da eigentlich hinkommen jemals? 

Das ist schon ein großes Dilemma auf jeden Fall, dass ja wir, dass alle Staaten, die das geschrieben haben, gesagt haben 2015, ja, wir wollen alles dafür tun, dass die Erde sich nicht mehr als 1,5, maximal 2 Grad erwärmt. Aber das, was tatsächlich passiert in den letzten 5, 6 Jahren, ist sehr marginal zu dem, was wirklich das Vorhaben ist. 

Simone: Ja, also da liegt noch ein weiter Weg vor uns. Vom Ökodorf liegt da auch noch ein Weg. Wie ist denn dein persönlicher Fußabdruck, Christoph? Du hast es bestimmt mal in irgendwelchen Rechnern, die man im Internet finden kann. Da werde ich auch die Adressen, damit alle das mal gerne für sich durchlaufen können, mal posten unter dem Podcast. Ja, wie ist dein eigener Fußabdruck? 

Christoph: Liegt ziemlich genau bei dem, was auch der 7-Linden-Durchschnitt ist, bei 2,5 Tonnen, also sozusagen 0,1 Tonnen mehr. Und das ist auch, wenn ich mir das anschaue mit dem Thema Heizen, Mobilität, Ernährung, ziemlich genau, was der Durchschnitt vom Ökodorf Sieben Linden ist. Also du bist ein ganz durchschnittlicher Sieben Lindener. Ich bin ein Durchschnitt Sieben Lindener. Tatsächlich, was mich schon auch überrascht hat, weil ich ja zum Beispiel gar nicht fliege.

Also es ist ganz klar, dass ich das nicht tue. Aber klar, ich lebe jetzt nicht komplett vegan. Und ich glaube tatsächlich, das ist auch das Interessante, finde ich, dass ganz viel von dem, wie ich lebe, mit dem, wie das Ökodorf Sieben Linden das gestaltet hat, lebt. Dadurch, dass es eine Verschenke-Ecke gibt, dadurch, dass wir gemeinsam unsere Energieversorgung organisieren, habe ich da persönlich gar nicht so einen großen Einfluss drauf. Und es hat aber auch einen Vorteil, dass wenn eine Gemeinschaft das festlegt, dass alle davon profitieren. 

Simone: Also es ist schon leichter hier einen geringen ökologischen Fußabdruck zu haben, als wenn du selbst als sehr motivierter Mensch irgendwo in einer Großstadt lebst. 

Christoph: Auf jeden Fall. Das ist schon die Eigenproduktion an Gemüse. Wo würde man die in der Großstadt so hinbekommen? 

Simone: Ja, dann ist natürlich die Frage, wo kann jede und jeder in dem eigenen Bereich am effizientesten schauen? Wo kann ich CO2 einsparen? 

Niemand möchte den ganzen Tag von morgens bis abends darüber nachdenken, dass jeder Atemzug quasi CO2 ausstößt, sondern wir brauchen, denke ich, die Hebelpunkte im Personal, Leben, wo wir viel bewirken können. Und da würde ich dich bitten, noch mal durchzugehen. Was sind die effizientesten Möglichkeiten für jede und jeden und uns dazu motivieren? 

Christoph: Ja, das eine ist, weniger tierische Produkte zu konsumieren. Es gibt immer mehr vegane Alternativen, die auch echt sehr lecker sind. Und das einfach mal ausprobieren, mal zu gucken, wie kann ich mal anders essen und einfach mal ausprobieren. Dann regionale Lebensmittel kaufen, zu schauen, wo gibt es einen Markt, wo kann ich, wenn ich in den Supermarkt einkaufe, schaue, wo kommen die Sachen her, also sich damit einfach zu beschäftigen. Dann, wenn ich Urlaub machen möchte, zu gucken, wo kann es vielleicht in Deutschland auch sein. Es gibt viele super schöne Ecken in Deutschland, die man noch gar nicht so kennt und es gibt so einen Automatismus, möglichst weit weg, aber vielleicht ist es auch regional einfach sehr schön.

Simone: Das Entscheidendste wäre im Grunde, das Fliegen zu vermeiden oder alles andere ist deutlich länger und besser als mit dem Flugzeug. 

Christoph: Genau, das Fliegen zu vermeiden. Auch mit den Autos. Mal zu schauen, brauche ich wirklich ein bis zwei Autos, kann ich die vielleicht teilen mit jemandem, mit jemandem zusammen den Austausch darüber haben, wann brauchst du das Auto, wann brauche ich das Auto. Das ist auch eine Möglichkeit. Und was ich auch echt sehr interessant finde, ist dieses Thema, wenn es darum geht, dass ich irgendwas selber brauche. Wenn ich irgendwie das Gefühl habe, dieses Produkt brauche ich jetzt. Sich noch mal zu fragen, brauche ich das wirklich?

Und wenn die Entscheidung ist, ja, ich brauche das, kann ich mir das vielleicht auch mal leihen von den Nachbarn? Kann ich in Austausch gehen? Das ist sozusagen auch ein sozialer Benefit, der dann passiert, dass ich in Austausch mit jemanden komme, um dann ein Produkt mir eine Zeit lang zu leihen. Oder vielleicht braucht derjenige das auch gar nicht mehr. Selbst wenn das dann nicht möglich ist, dann zu gucken, wie kann ich das gebraucht besorgen. Also es ist so ein Automatismus oft, ich brauche was, dann gehe ich in den Laden und kaufe das. Und da mal so einen Schnitt dazwischen zu setzen, dass es noch viele andere Optionen gibt, bis ich zu dem Produkt komme, das kann einfach auch sehr schön sein. 

Simone: Gut, hast du noch was für einen Energiebereich, wo so ein ganz wirkungsvoller Punkt ist für jeden und jede von uns? 

Christoph: Also jeder kann auch Ökostrom umstellen, das ist ganz einfach, das ist in der Regel auch nicht teurer als der normale Strom. Das ist ganz schnell gemacht. Ansonsten, was natürlich große Auswirkungen hat, dass der Wohnraum gut gedämmt ist. Wenn man selber Besitzer eines Hauses ist oder einer Wohnung ist, dann ist es leichter, das umzusetzen, als wenn man Mieter oder Mieterin ist. Da muss man einfach schauen, was da möglich ist. 

Simone: Gut, ich fasse nochmal zusammen. Wo du die größten Einsparpotenziale nennst, das ist eben Konsum teilen, Flugreisen vermeiden und sich eher auf das Nahumfeld zu beziehen mit Reisen. Dann hast du genannt, die vegane Ernährung als entscheidenden Punkt und gegebenenfalls eben noch auf regionalen Einkauf zu achten. Beim Wohnraum hattest du schließlich den Wechsel zu einem Ökostromanbieter genannt und falls die Möglichkeit besteht, das Haus eben gut zu dämmen, dann da unbedingt für Sorge zu tragen. Ich denke, das ist wichtig, so die signifikanten Punkte rauszuarbeiten und da kann jede und jeder einzelne viel bewirken.

Und nun haben wir ja aber noch den allgemeinen und öffentlichen Bereich, wo wir keinen Einfluss drauf haben. Also wenn ich so bedenke, die ganzen Straßen, die gebaut sind, die hatte ich jetzt eigentlich nicht in Auftrag gegeben und die Art, wie Energie produziert wird. Da sind immer noch Kohlekraftwerke am Netz und die Ausstattung der Schulen und die Art der öffentlichen Gebäude und so weiter. Mir fällt eine ganze Reihe von Punkten ein, wo ich ja nichts machen kann im Grunde. 

Christoph: Genau, das ist echt auch ein Problem. Und da kann sozusagen die politische Aktivismus, kann da helfen, dass man sich einfach für einsetzt Petitionen, dass eben bestimmte Sachen nicht mehr gemacht werden. Es gibt da im Grunde auch in allen Bereichen die Möglichkeiten, wo die Politik umsteuern könnte. Und ganz interessant fand ich, dass ich vor kurzem in einem Zeitungsartikel gelesen habe, dass dort gesagt wurde, dass der Bundesverkehrswegeplan, der aktuelle, laut einem Rechtsgutachten verfassungswidrig ist, weil er den Klimaschutz nicht beachtet. Das finde ich eine sehr interessante Aussage. Mal gucken, wie die Politik jetzt darauf reagieren wird und macht deutlich, dass seit vielen, vielen Jahren immer wieder davon gesagt wird, ja der öffentliche Verkehr ist wichtig und soll ausgebaut werden. 

Tatsächlich werden immer mehr Straßen gebaut oder die Autobahnen verbreitert und es werden viele Strecken stillgelegt, also viele Bahnstrecken stillgelegt. Also da könnte einfach die Politik viel stärker noch umsteuern. 

Simone: Ja, nenn doch mal bitte zusammenfassend die aus deiner Sicht wichtigsten politischen Weichenstellungen, die jetzt passieren müssten, um uns allen eine geringere Grundlast im CO2-Fußabdruck zu bringen? 

Christoph: Also es könnte eine Werbekampagne mal gestartet werden. Einmal die Woche Fleisch reicht aus. Einfach mal so eine Werbekampagne. So wie gegen das Rauchen eine Werbekampagne gibt es doch ganz einfach. Wäre möglich, so was mal zu machen. Dann sollte das Kerosin besteuert werden. Ist ja ein Unding, dass alles an Tritt wird besteuert, nur das Flugbenzin nicht, also Kerosin besteuern. Dann die landwirtschaftliche Förderpolitik sollte sich viel konsequenter an ökologischer und regionaler Lebensmittelerzeugung orientieren.

Es wird immer noch nach Fläche die Subventionen vergeben. Das sollte nach Ökologie und nach Regionalität vergeben werden. Dann sollte es eine unbürokratische Förderung geben, damit Privatpersonen ihre Altbauten ökologisch nachdämmen können. Die Förderpolitik ist da sehr kompliziert an vielen Stellen. Und es sollten vor allem die vorangehen und die öffentlichen Gebäude, Schulen, Krankenhäuser einfach ökologisch nachdenken. Sodass dann auch die Privatpersonen sehen, okay, die Politik tut auch was für ihre öffentlichen Gebäude. Also das sind einfach Sachen, wo viel mehr, wo viel möglich wäre. 

Simone: Was ich jetzt noch ein bisschen vermisst habe, ist die Energiewende, die doch eigentlich auch dringend ansteht. Oder wenn ich so den Punkt Solarförderung und so weiter betrachte, dann sind nicht alle großen politischen Entscheidungen in den letzten Jahren hilfreich gewesen für den Klimaschutz? 

Christoph: Ja, also da könnte auch viel mehr gemacht werden, dass mehr Menschen Solarenergie und Strom produzieren können und auch vor allem die Windenergie noch weiter ausgebaut wird. Da ist einfach in den letzten Jahren durch diese Angst oder gefühlte Angst von vielen Bürgerinnen, ah, da sind die Windkraftanlagen zu nah in meinem Zuhause, da ist die Politik einfach sehr stark zurückgegangen. Wenn wir wirklich auch gerade mit einer steigenden E-Mobilität noch mehr Strom und Energie produzieren wollen müssen, brauchen wir einfach mehr Ökostrom. Und da könnte die Politik viel mehr tun, dass das Menschen auch machen. 

Simone: Ja, da geht es uns ja hier in Sieben Linden so wie allen Menschen in diesem Land. Man schaut auf die Regierungen und hofft, dass da etwas passiert. Mir selber geht es so, dass es mir schon immer wieder gut tut, auch hier in diesem ganz kleinen überschaubaren Kontext zu leben, wo man halt was bewirken kann. Also das tut irgendwie gut, sich miteinander hier auszutauschen und hier unter uns die Weichen so zu stellen, dass wir auch sehen, ja, aus unseren Entscheidungen da erwächst auch etwas. Und ich finde, das hat die Fußabdruckstudie schon auch gut bewiesen und nochmal untermauert. 

Christoph: Ja, sehe ich auch so. Und was tatsächlich, glaube, was ein sehr wichtiger Aspekt ist, ist die sogenannte ökologische Kommunikation, also miteinander im Austausch sein. Das ist ja eine Privatsache, ob ich Fleisch esse oder in Urlaub fliege. Sicher ist es im Ökotourismus auch eine Privatsache, aber nicht nur. Hier geben wir miteinander einen Austausch und hier gibt es auch Organisationen, die sich darum kümmern, dass eben zum Beispiel die Produkte möglichst aus Europa kommen und nicht aus Übersee. Das heißt also, es gibt ein Gespräch miteinander und das sollte viel mehr gefördert werden. Dass Menschen miteinander ins Gespräch gehen, wie machst du das, wie mache ich das und was können wir voneinander lernen, um vielleicht auch mal gemeinsam diesen Weg zu gehen, unseren CO2-Fußabdruck zu verringern.

Simone: Ja und auch im Miteinander merken wir immer wieder, dass man gar nicht so viel braucht. Also das zeigen ja auch sämtliche Glücksstudien weltweit drauf und runter, dass das Glückslevel von Menschen letztendlich nicht am materiellen Verbrauch hängt. Material heißt einfach immer auch CO2-Ausstoß. Und da finde ich, sind wir auch ganz gut, oder? 

Christoph: Tatsächlich kommt da der große Link zu diesem Aspekt von dem Sozialen auch. Dass wir ja in erster Linie soziale Wesen sind, untereinander brauchen und da ein Missverständnis in den letzten 50 Jahren entstanden ist, dass viel Glück durch viel Konsum entstehen würde. Tatsächlich ist es aber wirklich, wie du auch sagst, viele Glücksstudien, die beziehen sich darauf, habe ich Freunde, bin ich gut mit Menschen in Kontakt und viel weniger auf den Konsumaspekt. Und dieses Bewusstsein zu stärken, das ist auf jeden Fall auch ein wichtiger Aspekt und der macht ja auch Freude an der Stelle. 

Simone: Ja, ich sehe auch da, dass unser Ökodorf einfach als Beispiel. Ein gutes Leben muss nicht ganz viel Verzicht und ganz viele Einschränkungen bedeuten. Und ich wette, dass du mit deinem kleinen Fußabdruck dich auch nicht besonders arm, selig oder zu kurz gekommen siehst. Zumindest wirkst du mir nicht so. 

Christoph: Ja, gar nicht. Und tatsächlich hat es für mich was von Lebensqualität. Zu wissen, die Lebensmittel sind hier vor Ort produziert worden. Oder als wir unser Haus gebaut haben, ist ungefähr 70, 80 Prozent des Holzes aus dem eigenen Wald gekommen. Dann sind wir in Wald gegangen, haben dann mit der Säge dort gearbeitet. Und ich weiß, dass einfach größtenteils dieses Haus mit Holz aus eigenem Wald ist. Das ist für mich Lebensqualität, das ist für mich auch ein Luxus und hat für mich überhaupt nichts von Verzicht. 

Simone: Ja, so können wir dann vielleicht auch ein bisschen die Sorge nehmen, dass der Einschnitt zu schmerzhaft werden wird, denn wir alle, und da schließen wir uns als Öko-Dorfbewohner ja mit ein, werden Einschnitte in unserem Materialismus in Kauf nehmen müssen, wenn wir das wirklich ernst meinen, dass wir das Klima der Erde für zukünftige Generationen erhalten wollen. 

Christoph: Genau, das wird nochmal eine richtig große Aufgabe sein. Und da sind wir auf dem Weg und da sind viele Menschen ja auch auf dem Weg. Das Bewusstsein steigt ja, mindestens durch auch die vielen Katastrophen, Umweltkatastrophen, die jetzt auch in Deutschland passieren. Das Bewusstsein wird stärker und jetzt darf das Handeln noch nachziehen. Ich habe auch den Eindruck, dass es ein sehr aktuelles und sehr drängendes Thema ist. Letztendlich ist ja auch dieser CO2-Fußabdruck einfach eine Messgröße. Ich finde, man sollte sich an dem jetzt auch nicht aufhängen. Es ist ja einfach ein Modell, wo wir uns mal hinsetzen können. Da würde ich auch jeden und jede jetzt zu Hause ermutigen, wer das noch nicht gemacht hat, das ist wirklich ein interessantes Exempel mal, zu schauen, was verbrauche ich denn eigentlich wirklich? Und es gibt uns eine Orientierung. 

Simone: Genau. Da gibt es sehr viele Rechner, mit denen man das mal für sich nachrechnen kann. Und wir machen das ja hier im Ökodorf, oder besonders du auch Christoph, mit Schulklassen. Was sind da deine Erfahrungen? 

Christoph: Meine Erfahrung ist erstmal, dass es so Klassenstufen von 6 bis 9, mit denen ich da gearbeitet habe, die erstmal ziemlich nüchtern sagen, ja, ich verbrauche drei Erden. Das kommt bei denen raus, das ist auch was der Bundesdurchschnitt ist. Da ist erst mal gar nicht so ein Erschrecken. Ich glaube, da ist schon eine Gewöhnung dran. Das ist erst mal nur eine Zahl. Interessant wird es an der Stelle, wenn ich dann frage, was könntet ihr denn tun? Diese Frage im Bereich Mobilität oder Ernährung. Da kommen dann schon immer wieder interessante Sachen. Ich könnte mehr mit dem Fahrrad fahren. Ich könnte auch mal weniger Fleisch essen.

Diese Einsicht kommt dann schon. Erst mal ist es schon so, ich brauche halt drei Erden. Und das finde ich schon auch manchmal ein bisschen erschreckend, dass die nicht erschrecken dabei. Aber ich gehe damit und gucke dann positiv, was können wir machen? Oder was können Sie dann machen? Und ich denke schon auch, so Bildungsarbeit ist ja nun echt ein weiter Weg. Da trauen Sie sich vielleicht auch nicht in dem Moment schon zu sagen, oh, das ist ja schrecklich. Sondern es steht da, tropfen, hüllen den Stein. Mal von hören, nochmal im Unterricht davon hören. Und irgendwann wird sich was ändern. 

Simone: Ja, Christoph, du gibst die Hoffnung nicht auf und das ist auch gut so. Mich selber bringt der ökologische Fußabdruck, der CO2-Fußabdruck immer sehr auch auf diese Perspektive, okay, ich bin eine Person von sieben Milliarden und all diese vielen Menschen haben das Recht, teilzuhaben an den Gütern dieser Erde und auch alle, die nach diesen sieben Milliarden Menschen kommen und hier Lebensgrundlage vorfinden sollen, haben genau dasselbe Recht. Und das ist, finde ich, ein ziemlich großer Gedanke und auch setzt die eigenen kleinen Einschränkungen, die vielleicht empfunden werden, in ein anderes Licht. 

Christoph: Ich sage das auch, ich habe ja viel mit jüngeren Menschen zu tun, dann auch zu sagen, ja, ihr seid die Zukunft und eure Kinder und Kindeskinder sind die Zukunft und ihr werdet noch viel stärker von dem belastet sein oder damit zu tun haben, was jetzt gerade passiert. Und das könnte im Grunde auch noch eine stärkere Energie geben, sich auch wirklich einzusetzen. Ja, ich denke, wenn wir Älteren da gut voranschreiten, dann haben auch die Fridays for Future Bewegten und andere junge Initiativen, die es ja wirklich hoffnungsvoll und viel gibt, auch mehr Rückenwind. Und das hoffe ich auch, dass das Ökodorf diese Bewegung stärkt, weil wir ja einfach wirklich schon richtig lange hier auf dem Weg zu einem nachhaltigen Fußabdruck sind. Und wir leben nicht auf kleinen Fußen, wir leben auf großen Fußen und haben irgendwie eine gute Zeit hier. 

Simone: Ja, und da bin ich sehr dankbar, Christoph, dass du auch immer wieder diese Forschungsebene und diesen nüchternen Blick mit hast und uns hilfst, uns selber einzuschätzen. 

Christoph: Ja, danke. Das war auch, fand ich, sehr inspirierend, das Gespräch. Vielen Dank, Simone. 

Simone: Ja, danke und schaut in die Posts und in die Links, die wir veröffentlichen, sodass ihr gerne auch nachvollziehen könnt, worüber wir reden. Ich verlinke auch noch zur Fußabdruckstudie, die auf unserer Website dargestellt ist, sodass man ganz in Ruhe alles nochmal nachvollziehen und nachlesen kann. Ich denke besonders am Beginn des Gesprächs waren auch viele Zahlen. Das fällt mir persönlich immer ein bisschen schwer, aber die kann man alle noch in ganzem Ruhe jetzt nachschauen. Dann auf bald!

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